Amtsblatt (der Stadt Innsbruck)

Jg.1959

/ Nr.12

- S.6

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Amtsblatt der Landeshauptstadt Innsbruck

Nummer 12

Stadtplanung und Bodenpreise
Alljährlich im November begeht man in
Ländern den „Welttag des Städtebaues", in dem sich
die Planer in geeigneter Form mit ihren Anliegen an
die Öffentlichkeit wenden. Hier soll eine noch ungelöste Frage sachlich dargelegt werden, die gleich der
des Mieterschutzes zu den „heißen Eisen" der Politik
gehört und die derzeit von der Forschungsgesellschaft
für den Wohnungsbau studiert wird. Der einzige
Zweck dieser Zeilen ist, aufzuzeigen, daß es keine
Stadtplanung ohne Finanzierung und keine Finanzierung ohne Stadtplanung gibt.
Schon Camilla S i t t e , der Altmeister des Städtebaues, wunderte sich, warum gelegentlich beste Planungen an der Vaulandbeschaffung scheitern.
Auch bei der Anwendung des Innsbrucker Flächenwidmungsplanes und der Bebauungspläne kann es
vorkommen, daß ein Grundstück längere Zeit unbebaut
bleibt, weil es für die rechtskräftig vorgeschriebene
Bebauung zu teuer wäre.
Einerseits
hat
die
Planung
den
A u f t r a g , die bestmögliche Nutzung unseres städtischen Lebensraumes zu erarbeiten, ihm jene Struktur
zu geben, die auf viele Jahrzehnte den b e s t e n und
r e i b u n g s l o s e s t e n Ablauf aller Lebens- und
Wirtschaftsvorgänge ermöglicht. Das Ergebnis dieser
Planungsarbeit, nämlich der Bebauungsplan, hat ein
peinlich kritisches Verfahren durchlaufen und wurde
vom Fachbeirat und Vauausschuß dem Gemeinderat
zum Beschluß empfohlen, lag dann zur öffentlichen
Einsicht auf und erlangte durch Genehmigung seitens
der Landesregierung Gesetzeskraft. Von einer guten
Planung verlangt man, daß die Struktur der Wohnviertel nicht nur den heutigen Anforderungen an
Wohndichte, Licht, Luft und Sonne, fowie Auslauf-und
Abstellflächen entspricht, sondern auch noch jahrzehntelang das Entstehen rasch veralternder und entwerteter Wohnungen verhütet.
A n d e r s e i t s unterliegt der B o d e n als Handelsobjekt dem Gesetz von Angebot und Nachfrage. Da
er nicht vermehrbar ist. der Bedarf aber infolge erhöhter Ansprüche, Industrialisierung und anderer
Plannngsfaktoren ständig wächst, steigen eben dio
Vodenpreise. Sie überflügeln nicht nur die schleichende
Geldentwertung, sie steigen außerdem, weil viele und
gerade für die Bebauung wichtige Grundstücke eine
..Veredlung" erfahren, indem die sich immer mehr
ausdehnende Stadt in ihre Nähe rückt. Die Allgemeinheit leistet Erschließungsarbeiten aller A r t , baut Straßen, Wasserleitungen, Kanäle und bringt öffentliche
Einrichtungen, vom Autobus bis zur Schule und
.Kirche an das Grundstück heran. Eine „Veredlung",
zu der freilich der Grundstückseigentümer nichts beizutragen braucht, besser gesagt, nur so viel, wie alle übrigen Steuerzahler des Gemeinwesens. E i n Zusammendang, der den Grund und Boden zur besten Kapitalsanlage macht.
Nicht überall ist es — wie i n Innsbruck — d i e
S t a d t , die Straßen, Ve- und Entwässerung und
Licht zu jedem Neubau liefert. Anderswo, etwa in

Holland, hat der Vauwerber das Vcrlängcrn des
öffentlichen Straßennetzes selbst zu bezahlen. Weil
aber dieses in Innsbruck die Stadt leistet, ist iln" seit
den Kriegsjahren ein Rückstand von gut ^."> Kilometer
fehlender Straßen angewachsen. Ein Teil davon geht
auf die Großzügigkeit zurück, mit der ehemalige Nandgemeinden allenthalben Baugenehmigungen erteilt
haben, ohne zu fragen, ob eine Erschließung durch
Straße und Wasser vorhanden sei. Vom Kanal mar
damals keine Rede" das gesamte Kanalnetz polling
wird jetzt in einem Mehrjahres-Millionenprogramm
nachgeholt. Was die Stadt derzeit ..unsichtbar", d.h.
unter der Erde schafft, bildet eine viel zuwenig beachtete Großleistung! Nach dem Wasserwert die Ningrohrleitung und für die halbe Stadt ein neues Kanalnetz. Dies belastet die Stadtfinanzen schon ans dem
Grunde sehr, weil die von den Vauwerbern geleisteten
Interessentenabgaben von ^ 6.— je nv" umbauten
Naum nur einen Bruchteil der Erschließungslosten
decken. Auf diesen angespannten Haushalt warten aber
außerdem Großaufgaben, wie ein halbes Dutzend
Brücken, ein viertel Dutzend Schulen. Kraftwerk,
Friedhof und viele Sozial- und Wohnbauten
lind
sie warten um so länger, je mehr die gesamte Erschließung und „Veredlung" tostet.
D a s e r g i b t F o l g e r u n g e n ! Zunächst lassen sich die E i n n a h m e n der Stadtgemeinde durch
Ansiedeln und Fördern geeigneter Gewerbe st e i g e r n. wobei die Finanzplanung und die Bebauungsplanung zielstrebig zusammenwirken. Die A u s g a b e n l a s s e n sich s e n k e n , wenn man den I n t e r essenten überläßt, einen Teil der „Veredlungsarbeit"
selbst zu leisten. Über die Frage, wie die G r u n d p r e i s e z u s e n k e n oder zumindest ihre Auswüchse abzubremsen wären, sind Vibliolhelen geschrieben worden. Wie Hofrat Dr. Krzizct kürzlich in einem
Vortrag darlegte, gäbe es verschiedene Wege, von
denen hier nur der eines „ P I n n u n g s w e r l a u s g l e i c h e s" erwähnt sei. den man in England geht
und den auch die Deutsche Musterbauordnung beschreitet." Wer durch Planungsmaßnahmen eine Vermögenseinbuße erfährt, wird voll entschädigt. Dagegen
ist für den Wertzuwachs, den die Plaining bewirkt,
eine Abgeltung zu zahlen.
Wie immer der Weg auch sei. es ist sicher, daß der
hohe Grundpreis das gesamte Bauvolumen vermindert und die Wohndichte steigert. Damit setzt er aber
den Wohnwert der Bebauung bis zn jenem Maße
herab, das dem Nutznießer noch zugemutet werden
kann. Die aus einer übersteigerten Wohndichte erwachsenden Nachteile vermag auch die modernste
Innenausstattung der Wohnung nicht z» mildern. Es
besteht öffentliches Interesse, die Baulandbeschassung
zu lenken, so wie dies beim Wohnungsbau der ^ a l l ist,
um zu verhindern, daß die Wohnnngsgiitt" >>>n^> ^,,i
bestimmtes Maß sinkt, llnd die Planung vermag iln"en
Auftrag, beste Sladlstrnttnr anznbalincii. erst crsüllcn.
sobald die Frage der Baulandbescliassung lcin ,,1^"ißes
Eiseil" mehr ist.
Dipl.-Ing, Dr. Waller N^uzi!