Innsbruck Informiert

Jg.2018

/ Nr.10

- S.58

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Stadtgeschichte

100 Jahre Jugendamt
1918 wurde das erste städtische Jugendamt in Tirol eingerichtet. Aus diesen Anfängen hat sich die Kinder- und Jugendhilfe
der Stadt Innsbruck mit einem breiten Spektrum an ambulanten und stationären Unterstützungsmaßnahmen für junge
Menschen und ihre Eltern entwickelt.

D

er Innsbrucker Gemeinderat fasste am 27. November 1917 den
Beschluss, ein städtisches Jugendamt einzurichten und die Berufsvormundschaft einzuführen. Begründet
wurde die Einrichtung eines Jugendamtes
mit der Notwendigkeit, ein Mittel gegen
die zunehmende Verwahrlosung der Jugend zu schaffen. Mit Mai 1918 nahm der
zum städtischen Berufsvormund bestellte Oberlehrer August Reinisch seine Tätigkeit auf. Im Juni 1918 trat eine Verordnung
über das „Halten von Pflegekindern“ in
Kraft. Damit waren die Grundlagen für die
Arbeit des Jugendamtes geschaffen. Das
Innsbrucker Jugendamt war das erste sei-

ner Art in Tirol. 1919 nahmen die ersten
FürsorgerInnen ihre Tätigkeiten auf.

Die Anfänge
Die Räumlichkeiten befanden sich im sogenannten damaligen „Alten Rathaus“ in
der Herzog-Friedrich-Straße. Von 1918 bis
1923 wurden rund 760 Kinder und Jugendliche betreut. Als besondere Problembereiche wurden Anfang der 1920-Jahre
Wohnungselend, das Schicksal obdachloser Kinder und Kindesweglegungen beklagt. Einen wichtigen Tätigkeitsbereich
bildeten die Vormundschaften und die
Sicherung der Unterhaltszahlungen. Ab
1927 besorgte das Jugendamt im Auftrag

© V. LERCHER

Das Team
der Kinderund Jugend­
hilfe heute

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INNSBRUCK INFORMIERT

des Gerichtes die Jugendgerichtshilfe, indem Erhebungen über straffällig gewordene Jugendliche durchgeführt und sie
nach Abschluss des Gerichtsverfahrens
weiter bereut wurden. Eheliche und uneheliche Kinder hatten in dieser Zeit nicht
die gleichen Rechte und für unehelich geborene Kinder wurde sofort nach der Geburt ein Vormund bestellt.

Nationalsozialismus
Die führenden Köpfe der Nationalsozialistische Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP)
brachten der Jugendwohlfahrt keine große Wertschätzung entgegen. Als Aufgaben und Ziele der Jugendfürsorge wurde
formuliert: Die restlose Erfassung der gesamten Jugend als der Zukunft des Volkes
und die durchgehende Regelung der Jugendfürsorge bleibe der nationalsozialistischen Bewegung vorbehalten. Ihr Ziel sei
die Erziehung der Jugend zur deutschen
Volksgemeinschaft, also zum körperlich
und seelisch gesunden, sittlich gefestigten, geistig entwickelten, beruflich tüchtigen deutschen Menschen, der rassebewusst in Blut und Boden wurzelt und Volk
und Reich verpflichtet und verbunden ist.
Das Jugendamt wurde bewusst instrumentalisiert, um die ideologischen Zielsetzungen zu verfolgen. So musste zum
Beispiel bei der Erlaubniserteilung zur
Übernahme von Pflegekindern durch Pflegeeltern auf die politische Einstellung und
auf die Rassenzugehörigkeit der Pflegeeltern streng geachtet werden. Damals wur-