Innsbruck Informiert

Jg.2018

/ Nr.8

- S.59

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Hans Plangger, Quellnymphe.
Brunnenfigur, um 1940/44, Laaser
Marmor, unterlebensgroß, seit
1953 am Haydnplatz in InnsbruckSaggen aufgestellt.

in Laas im Vinschgau geborene Han(n)
s Plangger studierte ab 1923 an der Wiener Akademie und arbeitete ab 1933 in
Bozen als freier Bildhauer. Ab 1937 war
Plangger mit sieben Werken auf fünf der
„Großen Deutschen Kunstausstellungen“
(GDK) im „Haus der Deutschen Kunst“ in
München vertreten. 1942 kaufte Dr. Robert Ley, Reichsorganisationsleiter der NSDAP, eine mit „Junger Bauer“ betitelte Figur um 16.000 RM direkt auf der „GDK“ an.
Die „GDK“ in der damaligen „Hauptstadt
der Deutschen Kunst“ war von größter
Bedeutung für die nationalsozialistische
Kunst- und Kulturpolitik und die wichtigste Verkaufsplattform für die Kunst des Nationalsozialismus. Plangger beteiligte sich
auch an allen fünf in Innsbruck zwischen
1940 und 1944 abgehaltenen „Gau-Kunstausstellungen Tirol-Vorarlberg“ und erhielt
dort 1942 den ersten Preis für Bildhauerei.

Nur harmlose Frauen-Gestalten,
„wohlwollende Quellennymphen“
(1958)?
Wie gehen wir heute mit diesen Werken
Planggers aus der Zeit des „Dritten Reichs“
um? Wichtig ist zunächst, diese Figuren
weder zu banalisieren noch zu dramatisieren und dann über Fragen nachzudenken: Können über 70 Jahre nach Kriegsende Kunst und Politik getrennt werden?
Können die Werke Planggers so rein nach
ästhetischen Gesichtspunkten bewertet

werden? Kann man die Form von der (gewünschten) Funktion der Figuren trennen?
Können Ideologie und Ästhetik tatsächlich als unterschiedliche Dinge behandelt
werden? Ist hier lediglich eine „unsinnliche Schönheit“ eines verarmten, entfremdeten Klassizismus zu beobachten? Und:
Sind diese Frauenfiguren heute vollkommen aussagelos? Oder handelt es sich nur
vordergründig um unverfängliche Werke?

„Lebensquell“ und „Adebar“
Der Blick der „Quellnymphe“ konzentriert
sich jedenfalls auf die wasserspendende Urne, die überdeutlich von Plangger
im Schoß der makellos jungen Frau positioniert wurde. Und lässt damit an die
von der NS-Ideologie der Frau zugeordnete Funktion als „Lebensquell“ denken. Das
„Mädchen mit Storch“ hingegen blickt in
die Ferne, vielleicht in die eigene Zukunft.
Der „zutrauliche“ Storch könnte in dieser
als Adebar, der in der germanischen Sage
als Lebensbringer gilt, eine „offiziell gewünschte“ Rolle spielen. Abgesehen davon
kann der Schnabel des Vogels durchaus
auch als Phallus-Symbol interpretiert werden. Also was nun? „Formschöne“, harm-

lose Skulpturen in strahlend weißem Marmor? Oder doch mehr? Schneeweiß mit
Flecken?

Aufruf
Der Autor bittet um Informationen (auch
historisches Fotomaterial) zu den genannten Werken von Hans Plangger, vor allem
zur bisher wenig dokumentierten Figur der
„Quellnymphe“ am Haydnplatz.
Hinweise an das Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck: Tel.: +43 512 5360 1400
E-Mail: post.stadtarchiv@innsbruck.gv.at

Ausstellungshinweis

Mehr zur Thematik ist ab 14. Dezember
2018 in der Ausstellung „Kunst 1938
– 1945“ im Tiroler Landesmuseum
Ferdinandeum zu sehen. Sie beschäftigt sich mit der ideologischen,
geduldeten, aber auch „verbotenen“
Tiroler Kunst dieser Jahre.

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