Amtsblatt (der Stadt Innsbruck)

Jg.1936

/ Nr.1

- S.4

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.Amtsblatt Nr. 1
traute das Veterinäramt, bzw. die Schlachthofleitung
und das Vauamt mit den Vorarbeiten, die rasch in Angriff genommen wurden. Ein Forschungsausschuß besichtigte die Schlachthöfe in St. Gallen, Bregenz, München.
Ravensburg und Augsburg. Dennoch wurde die Sache
bis ins Jahr 1907 hinaus verzögert, bis ein greifbarer
Erfolg Zu sehen war. Anfangs dieses Jahres wurde der
Schlachthofdirektor von Straubing, Heiß, ein Fachmann
auf dem Gebiete des Schlachthofwesens, zu einer Besprechung nach Innsbruck berufen, in der er seine Vorschläge der gemeinderätlichen Schlachthofkommission
darlegte.
Bemerkt sei, das verschiedene Oertlichkeiten für den
Bau des neuen Schlacht- und Viehhofes in Betracht gezogen wurden. Allein drei Vorschläge legte, wie schon
erwähnt, GR. Bernhard Zösmayr in seiner Denkschrift
zur Ueberprüfung vor, und zwar die Anlage beim
Huterschen Ziegelstadl östlich des Peterbrünnels, die Anlage in der Reichenau (Sillgwickel) und die Anlage bei
den Sillhöfen (Stolzsche Gründe). I n späteren Besprechungen wurde noch der Raum bei der Staatsbahndirektion ins Auge gefaßt.
Die Anlage im Sillzwickel wurde am geeignetsten befunden. Die Platzfrage war auch insoweit wichtig, weil
der unmittelbare Bahnanschluß für den zu erbauenden
Schlacht- und Viehhof eine grundlegende Rolle spielte.
Nachdem sich der Gemeinderat entschieden hatte, wur
den auch sofort die Verhandlungen mit der Eüdbahndirektwn wegen Erbauung des Schlevvgeleifes eingeleitet. 1907 wurde mit dem Bau des Geleises begonnen,
1908 wurde es fertiggestellt und 1909 (Mai) wurde es
der Stadt zur Benützung übergeben.
Gleichzeitig mit dem Baubeginn des Schleppgeleises
wurde der erste Spatenstich für die Schlachthofanlage
gemacht. Die Vaubewilligung wurde dafür im Juli 1908
erteilt. Die Bauausführung lag in den Händen des Baumeisters Josef Retter, Innsbruck, die Bauaufsicht wurde
Ing. Jakob Albert, einem Beamten des Stadtbauamtes
übertragen. Es wurden 4600 Quadratmeter überbaut.
Die Anlage umfaßt im ganzen eine Fläche von 31.600
Quadratmeter. Die Kosten beliefen sich bis Ende 1911
auf 997.762 Kronen und 52 Heller.
Die Beendigung des Baues der wichtigsten Objekte
des neuen Schlachthofes wurde durch das Bauamt im
November 1909 bekanntgegeben und gleichzeitig gebeten,
die Vauüberprüfung ehestens vorzunehmen, um den
Venützungskonsens wenigstens für einzelne Teile der
Anlage zu erhalten. Doch erst Mitte 1910 konnte der
fertiggestellte Teil des Schlachthofes dem Verkehr übergeben werden.
Bei seiner Uebergabe waren nur die wichtigsten
Räumlichkeiten — Rinderhalle mit Abhänghalle, Kleinviehschlachthalle mit Kuttelei, Schweinehalle, weiters
Schlachthofstallungen, Kontumaganlage, die Viehhofstallungen zum Teil und das Verwaltungsgebäude — gebrauchsfertig. Am Schleppgeleise muhten erst die Verladerampen ausgebaut werden.
Weitere unbedingt notwendige Viehhofstallungen, die
Betriebsräumlichkeiten der Häute- und Fellverwertung
und die Pflasterung des Viehhofes wurden erst viel später fertiggestellt. Das geplante Pferdeschlachthaus kam
bis zum heutigen Tage überhaupt nicht zur Ausführung.
Der neue Schlacht- und Viehhof wurde für öffentlich
erklärt und auf Grund des Statthalterei-Erlasses vom
9. Dezember 1909, Zahl 74048, der Schlachthauszwang

angeordnet. Die diesbezügliche Kundmachung wurde
unter Mag.-Zl. 26435 am 31. Mai 1910 verlautbart.
I n großzügiger Weise war das Werk erstellt worden.
Die damals bekannten schlachthoftechnischen Errungenschaften wurden bei dem Bau voll berücksichtigt. Es
würde zu weit führen, wenn man sich in das einzelne
des inneren Aufbaues des Schlachthofes verbreitern
würde. Es fei nur so viel gesagt, daß auch die Inneneinrichtung der einzelnen Objekte mustergültig war und
mit der Ausstattung in keiner Weise geknausert wurde.
Die Anlage konnte wenige Jahre nach ihrer Errichtung
die Probe ihrer Gediegenheit ablegen; das war in den
Kriegsjahren und insbesondere in der Zeit, während
welcher die Etappenschlächterei die Hallen für ihre
Schlachtungen beanspruchte.
Das Einleben in die neuen Verhältnisse dauerte
natürlicherweise seine Zeit. Die größten Schwierigkeiten
brachte die Durchführung des Schlachthofgwanges, insbesondere bei den Fleischhauereien, welche im Besitze
eines Privatschlachthauses waren. Aber auch die Besitzer
von landwirtschaftlichen Betrieben im Stadtgebiet,
sträubten sich gegen die neuen Einführungen und verteidigten ihr Hausschlachtungsrecht mit allen ihnen zu Gebote stehenden Mitteln. I m Uebereinkunftswege konnte
auch hier eine beide Teile befriedigende Lösung gefunden werden.
Die Benutzer der Anlage fanden sich in verhältnismäßig kurzer Zeit mit der neuen Sachlage ab,- denn
auch die größten Gegner mußten, ob sie wollten oder
nicht, die großen Vorteile, die ihnen der Schlachthof bot.
anerkennen.
Ueber Wunsch der Genossenschaft der Fleischhauer
wurde in der Folgezeit mit einem Kostenaufwand von
rund 45.000 Kronen das Häutemagazin erbaut und damit eine Sammelstelle für die anfallenden Häute und
Felle geschaffen. I n die Vetriebsräume eingebaut war
die Fettschmelze, die der Gewinnung von Rohtalg dienen sollte. Beide Betriebe hatten ein wechselndes Geschick. Die Fettschmelze hatte anscheinend von vorneherein keinen besonderen Auftrieb, obwohl gerade aus
diesem Zweig der Nebenergeugnisverarbeitung viel
herauszuholen wäre. Heute erinnert an sie nur mehr
der Name.
Das Häutemagazin stellte ursprünglich nur eine
Uebernahmstelle der Häute und Felle, die aus dem
Schlachthof kamen, dar und wurde von der Wiener
Fleischhauervereinigung geführt.
Die Innsbrucker
Fleischhauer waren Genossenschafter dieser Vereinigung.
I n den Inflationsjahren ging die Vereinigung in Konkurs und hinterließ bedeutende Verluste bei ihren
Innsbrucker Teilhabern. I m Jahre 1925 errichtete die
Genossenschaft der Fleischhauer Innsbruck eine Uebernahmstelle unter ihrem Namen. Dem Wunsch der auswärtigen Fleischhauer entgegenkommend, kam es im
Jahre 1927 zu einer Umbildung. Die Mitglieder der
Genossenschaft und einige außer Innsbruck ihr Gewerbe
ausübende Fleischhauer sammelten sich in einer Wirtschaftsgenossenschaft m. b. H. unter dem Namen „Tiroler Häute- und Fellverwertung". Es war nunmehr auch
den auswärtigen Fleischhauern die Möglichkeit gegeben
ihre Häute und Felle der Häute- und Fellverwertung zu
liefern und sich als Mitglied bei der Wirtschaftsgenos-

senschaft eintragen zu lassen.

(Fortsetzung folgt.)