Amtsblatt (der Stadt Innsbruck)

Jg.1957

/ Nr.11

- S.4

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Amtsblatt der Landeshauptstadt Innsblucl

Nummer 11

Dem Laudcshlstonkcr Otto Stolz zum Gedenken
M i t größter Erschütterung haben die Stadt I n n s bruck und das Land T i r o l nördlich und südlich des
Brenners die Nachricht vom plötzlichen Hinscheiden des
großen Historikers llniv.-Prof. Hofrat DDr. h. c. Otto
Stolz am 4. November 1957 vernommen. Die Überraschung war um so größer, als der 76jährige seine
geistige Rüstigkeit noch durch bedeutende Publikationen, deren Krönung die Geschichte des Landes T i r o l
ist, gezeigt hatte.
Es wäre nicht möglich, seine zahllosen wissenschaftlichen Werte, die sich auf alle historischen Wissenszweige
erstreckten, hier aufzuzählen. Sei es nun die politische
Geschichte, die Rechts-, Verwaltungs-, Siedlungs-,
Wirtschafts-, Volkstums- oder Kulturgeschichte, überall stoßen w i r auf den Namen Stolz, der aus der Geschichtsschreibung unseres Landes nicht mehr wegzudenken ist.
Stolz war seiner Abstammung nach tief im Tiroler
Volkstum verwurzelt. Schon seit 1370 erscheinen
Bauern dieses Namens in der Matreier Gegend, dann
auf Gütern im Matreiwald, in Amras und Hötting
sowie i n Südtirol i n der Gegend von Vrizen und
Bozen. Seine nächsten Vorfahren hatten sich bereits
in der Wissenschaft rühmlich heruorgetan. Sein Großvater Dr. Josef Stolz, der seit 1854 Direktor der
Irrenanstalt in Hall war, hatte als erster Dozent für
Psychiatrie an der Universität Innsbruck gewirkt und
i n T i r o l als erster Operationen mit Athernarkose
durchgeführt. Sein Vater, Dr. Otto Stolz, war Professor der Mathematik an der Innsbrucker Universität
und wirkliches Mitglied der Akademie der Wissenschaften i n Wien und Prag. Auch sein Onkel Dr. Friedrich Stolz war Professor für klassische Sprachen und
vergleichende Sprachwissenschaft an der Innsbrucker
Universität. So war Professor Stolz blut- und gefühlsmäßig dem Lande T i r o l , seiner Heimatstadt
Innsbruck und der dort gepflegten Wissenschaft auf
das engste verbunden.
I n Innsbruck wurde er 1881 geboren, hier hatte er
die Volksschule besucht, das Gymnasium mit Auszeichnung absolviert und sich an der Innsbrucker Universität wie an jener i n Wien seine wissenschaftliche Ausbildung geholt. 1908 trat er i n das Innsbrucker Statthaltereiarchiv ein, wo er eine rege wissenschaftliche
Tätigkeit entfaltete. 1912 hatte er sich an der philosophischen Fakultät der Innsbrucker Universität habilitiert. Seine wissenschaftliche Tätigkeit wurde durch
den ersten Weltkrieg allerdings jäh unterbrochen. Er
diente beim Tiroler Landsturmregiment I I und kam
bei Przemysl i n russische Gefangenschaft, die ihn nach
Sibirien bis Wladiwostok brachte, von wo er erst 1920
in die Heimat zurückkehrte. Hier widmete er sich wieder mit ungebrochener Schaffenskraft dem Dienste der
Wissenschaft und schenkte dem Lande und auch unserer
Stadt eine Reihe hervorragender wissenschaftlicher
Werke. 1932 wurde er mit der Leitung des Landesregierungsarchivs betraut, dem er bis zum Jahre

clem

1946 vorstand. 1926 erhielt er den Titel eines ordentlichen Uniuersitätsprofessors und zehn Jahre später
den Titel eines Hofrates. A n der Innsbrucker Universität wirkte er an der philosophischen sowie an
der juridischen und staatsrechtlicheil F a l n l l ä l . Seit
1923 war er Mitglied des Verwaltungüausschusses
des Museums Ferdinandeum, dann Obmann seiner
historischen Kommission und ehrenamtlicher Vorstand.
Als Mitglied des Haupt- und Verwallungvausschusses
des Alpenuereines und seines wissenschaftlichen Unterausschusses führte er das Referat über Geschichte des
Alpinismus und der Alpenländer. Seine hervorragende wissenschaftliche Tätigkeit fand die höchste Anerkennung durch die im Jahre 1935 erfolgte Wahl zum
korrespondierenden Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Wien, der auch sein Vater und Oheim
angehörten. Auch die Allgemeine Geschichlsforschende
Gesellschaft der Schweiz hatte ihn in Anertennung seiner Leistungen 194? zu ihrem korrespondierenden M i t gliede im Ausland ernannt.
I n einer Reihe von wissenschaftlichen Arbeiten, in
kürzeren Artikeln, längeren Abhandlungen oder selbständigen Büchern behandelte Stolz auch die Geschichte
seiner Heimatstadt. Er schrieb über die geschichtlichen
Grundlagen der Stadt, über ihre landschaftlichen und
geschichtlichen Bedingungen, über den Stadlgründer
und die Stadterhebung, über ihren geschichtlichen
Werdegang und ihr Verhältnis zur Stadt Hall. Ausführlich behandelte er das Stadtgericht Innsbruck, das
Hofgericht Wilten und das Propstgericht Amras sowie
die Geschichte der Raum- und Grenzbildung der
Stadtgemeinde. Er schrieb über die Bauart der Bürgerhäuser Innsbrucks im Mittelalter, über Burgen
und Schlösser in und um Innsbruck. Auch die wissenschaftlichen Anstalten der Stadt zog er in seine historischen Betrachtungen ein. So vor allem die Universität, dann das Landesregierungsarchiu, an dem er
38 Jahre tätig war, wie auch das Museum Ferdinandeum. Dem Schützenwesen bzw. dem Landeshauptschießstand galt sein historisches Augenmerk und besonders dem Alpinismus, dem er selbst eifrig huldigte.
Er schrieb über seine Pflege auf der Hochschule, über
Innsbrucks Bergsteiger und über die Entwicklung des
Alpinismus von Innsbrucks Vergwelt. Auch die nähere Umgebung der Stadt hat Stolz in seine geschichtlichen Studien mit einbezogen. So schrieb er eine Geschichte der Hofmark Wilten und handelte über deren
Grenzen gegenüber Innsbruck. Auch die alte Wahlordnung von Hötting unterzog er einer historischen
Betrachtung ebenso wie die Geschichte der Orte I g l s
und V i l l . Nicht unerwähnt dürfen anch seine ausgezeichneten geschichtlichen Arbeiten über das Karwendel
und seine Almen bleiben.
Gekrönt aber wurden seine Arbeiten über I n n s bruck und seine Umgebung durch eine zusammenfassende Darstellung der Geschichte der Stadt Innsbruck,
die Stolz im Mannskripte noch fertigstellen konnte.