Innsbruck Informiert

Jg.2014

/ Nr.8

- S.58

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58

S t a dt g e schicht e

innsbruck informiert nr. 9/2014

A u s d e m S t a dt a r chiv / S t a dtm u s e u m

375 Jahre Wagner-Verlag

Blick in eine
Druckerei.
Schultafel,
um 1900

Unter Johann Nepomuk Schumacher
(1806–1852) konnte sich der Regionalverlag
Wagner dank innovativer Neuerungen in
der europäischen Verlagslandschaft durchaus behaupten.

L

iebe war wohl kaum im Spiel und
dem Altersunterschied wurde
vermutlich wenig Bedeutung beigemessen. Denn es war eine Zweckgemeinschaft, eine berechnete Heirat, als
Michael Wagner am 10. Juni 1639 die
Witwe Maria Gäch in der Pfarrkirche St.
Jakob zum Traualtar führte. Der Buchdruckermeister Hans Gäch in Hötting
war noch keinen Monat im Grab, da
hielt einer seiner Gesellen um die Hand
der Witwe an. Für den Bräutigam war es

die Chance seines Lebens, denn durch
die Ehe mit einer „Goldenen Witwe“ gelangte Wagner nicht nur zu einer Druckerei, sondern konnte in der Folge auch
das Innsbrucker Bürgerrecht erwerben.
Nur wenige Monate später erhielt Michael Wagner am 11. Oktober 1639 aus
der Hand der Landesfürstin Claudia de
Medici die Gewerbekonzession verliehen, womit er offiziell als Buchdrucker
anerkannt war. Es ist dieses Dokument,
das als „Geburtsbrief“ des WagnerVerlages angesehen werden kann und
auf den sich das diesjährige 375-JahrJubiläum des Verlages zurückführen
lässt. Dass der Wagner-Verlag damit
den ältesten noch bestehenden Wissenschaftsverlag des deutschsprachigen
Raumes darstellt, ist Grund genug, dem
Buchdruck in Tirol und dem WagnerVerlag zum Jubiläum eine Ausstellung
im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum zu widmen.

Anfänge des Buchdrucks
Der Buchdruck in Tirol ist allerdings älter und setzte in den 70er-Jahren des 15.
Jahrhunderts ein. Der erste bis dato bekannte Druck der Grafschaft Tirol wurde 1475 durch einen niedersächsischen
Wanderdrucker in Trient geschaffen.
Ebendort und im nahen Riva entstanden
auch erste, allerdings meist nur kurzlebige Offizinen. Dank der Dominanz

Vo n H a n sj ö r g R a b a n s e r

der oberitalienischen und süddeutschen
Druckerzentren – hier in erster Linie
Augsburg – sah die Tiroler Regierung
keinen Bedarf an einer eigenen Druckerei. Die zwischen 1521–1527 in Schwaz
bzw. auf Schloss Sigmundslust bei Vomp
durch die reichen Gewerken Jörg und
Hans Stöckl eingerichtete Privatdruckerei zeigte jedoch, welche Vorteile eine eigene und vor allem räumlich nähere Offizin bot, sodass sich die Regierung 1547/48
endlich zur Einrichtung der ersten landesfürstlichen Druckerei in Innsbruck
entschloss. Leonhard Rossnagel aus Basel fungierte als erster Drucker und hatte
seine Werkstatt im Neuhof, jenem Gebäude, dem heute das Goldene Dachl vorgebaut ist. Auch die folgenden Drucker
stammten alle aus dem süddeutschen
Raum, wobei v. a. die Druckerfamilie
Paur mit bedeutenden und qualitätsvollen Drucken hervorstach. Seit 1603 waren
in Innsbruck sogar zwei Drucker tätig,
womit ein gewisser Konkurrenzkampf
gegeben war.

Die Familie Wagner
Einer dieser konkurrierenden Drucker
war Hans Gäch in Hötting, bei dem irgendwann vor 1639 der aus Augsburg
stammende Geselle Michael Wagner in
den Dienst trat. Mit Gächs Tod und der
Ehe mit dessen Witwe übernahm Wagner die Druckerei und legte somit den
Grundstein für den Familienbetrieb,
der in direkter Linie und über insgesamt
fünf Generationen bis 1802 weitergeführt werden sollte. Wagner und seine
Nachfolger arbeiteten nicht nur für die
Regierung oder den landesfürstlichen
Hof, sondern belieferten auch den Klerus (v. a. die Jesuiten), die Universität
und Privatpersonen. Mit Erfolg, denn
1669 wurde der Familie das Prädikat
„Hofbuchdrucker“ zugesprochen und ab
1723 durfte sie sich zusätzlich stolz „Universitätsbuchdrucker“ nennen.
Die Familie Wagner war jedoch auch
bestrebt, sich in der Stadt zu positionieren und zu verankern: Durch vorteilhafte Heiraten wurden Kontakte zu bedeutenden Bürgerfamilien geschlossen.