Innsbruck Informiert

Jg.2014

/ Nr.1

- S.59

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wuchs mit ihren drei Geschwistern in
Elbigenalp im Lechtal auf und begann
schon sehr früh zu zeichnen. Der im
Dorf ansässige Maler Johann Anton
Falger erkannte ihre künstlerische Begabung und förderte sie. Er unterstützte
sie auch finanziell, als sie 1859 ihr Studium an einer privaten Kunstschule in
München begann, da die staatlichen
Akademien zu dieser Zeit noch keine
weiblichen Hörerinnen aufnahmen.
Zu ihrem Leidwesen musste Anna 1864
aufgrund fehlender finanzieller Mittel
das Studium abbrechen und ins Lechtal
zurückkehren.

Anna Stainer-Knittel
malte bis zu ihrem
Tod. Sie starb im
Alter von 74 Jahren.

© Helga Reichart, Die Geierwally

In dieser Zeit kaufte das Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum ihr „Selbstbildnis in Lechtaler Tracht“. Das bestärkte
Anna, nach Innsbruck zu ziehen und
zukünftig als freischaffende Künstlerin
ihr eigenes Geld zu verdienen. In Innsbruck lernte sie den Gipsfigurenformer
Engelbert Stainer kennen, den sie 1867
gegen den Willen ihres Vaters heiratete. Er war bei Annas Eltern in Ungnade
gefallen, hatte er doch ein uneheliches
Kind zu versorgen.
Anna und ihr Mann bekamen vier
Kinder, gründeten neben seiner Formatorwerkstatt ein Souvenirgeschäft in
Innsbruck und lebten von ihrer Malerei
und seinen Arbeiten. Bekannt wurde
Anna vor allem für ihre Öl-Landschaften
und Blumenbilder, nach eigenen Angaben malte sie aber auch an die 130 Porträts. Als die Fotografie die Porträtmalerei
immer mehr verdrängte, spezialisierte
sie sich auf Blumenbilder und begann
zusätzlich die Porzellanmalerei. Dafür
kaufte sie in der Geschirrhandlung Bay-

Blick ins Stubaital 1893. Mit Blumenkranz
dekorierter Landschaftsausschnitt

© Original im Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck

Annas Blumenbilder

er & Sohn in der Maria-Theresien-Straße
Kaffee- und Tafelgeschirr und verzierte
diese mit kunstvollen Blumenranken.

Der Anna-Stainer-Knittel-Weg
Anlässlich des Besuchs des Kaisers 1871
malte Anna im städtischen Auftrag das
Kaiserbild. Kaiser Franz Joseph I. war
auf dem Weg nach Meran zu Kaiserin
Elisabeth und Tochter Valerie, als er auf
dem Landeshauptschießstand in Innsbruck-Mariahilf Station machte. Bei der
Begegnung mit dem Kaiser fragte dieser
Anna, ob sie denn öfter male, selbstbewusst antwortete sie: „Jawohl Majestät,
denn Malen ist mein Beruf!“ Nachweislich hat Anna auch eine der Schießscheiben gemalt, sie ist 1879 datiert, signiert
und mit der Inschrift „Zur Erinnerung
an die 25jährige Verlobungsfeier ihrer
Majestäten“ (Franz Joseph I. und Elisabeth) eingefasst.
Anna Stainer-Knittels Werke fanden
Anerkennung und weite Verbreitung, so

konnte das von ihr auf der Wiener Weltausstellung von 1873 präsentierte Ölbild
„Alpenblumenkranz“ nach England verkauft werden.
Im Alter von 70 Jahren zeichnete
Anna Stainer-Knittel, auf Bitten ihrer
Kinder, ihre Lebenserinnerungen auf.
Sie war eine berufstätige Ehefrau und
Mutter, eine emanzipierte Frau, die ein
weitgehend selbstbestimmtes Leben
führte, und eine herausragende Künstlerin. Sie leitete bis ins hohe Alter ihre
bereits 1873 gegründete Zeichen- und
Malschule für Damen und malte in ihrem Atelier bis zum Tod. Nach einer
nicht ganz ausgeheilten Lungenentzündung starb Anna am 28. Februar 1915.
Sie wurde im Familiengrab in Wilten an
der Seite ihres Ehemannes beigesetzt.
Die Stadt Innsbruck würdigt nun mit
der Umbenennung der ehemaligen sogenannten „Hangfußstraße“ in AnnaStainer-Knittel-Weg ihr außergewöhnliches Leben und Schaffen.

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