Innsbruck Informiert

Jg.2014

/ Nr.1

- S.58

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S t a d t g e s c hi c h t e

innsbruck informiert nr. 1/2014

A u s d e m S t a d t a r c hiv / S t a d t m u s e u m

Die Geierwally – Neue Straßenbezeichnung
für Anna Stainer-Knittel (1841–1915)
Die Romanfigur „Geierwally“ ist durch ihr mutiges Adlerabenteuer allseits bekannt. Weit weniger bekannt sind die wahren
Lebensumstände von Anna Stainer-Knittel. Ihr Leben diente als Vorlage für die Figur der Geierwally, die zu einer Roman-,
Bühnen- und Filmheldin avancierte. 
Vo n M ag . a Dag m a r K r e i d l

A

ber wie wurde aus dem Adlerabenteuer der Anna StainerKnittel „die Geierwally“? Zum
einen wurde der Name Anna im Roman
in Walburga (Wally) umbenannt, zum
anderen bezeichnete man im Volksmund alle Greifvögel als „Geier“; tatsächlich handelte es sich aber um einen
Adler. Im 19. Jahrhundert kam der Adler
im Lechtal noch häufig vor und wurde
allgemein gejagt, riss er doch auf Futtersuche häufig Lämmer und fügte dem
Viehbestand der Bergbauern Schaden
zu. Es war allgemein üblich, die Jungtiere aus den Adlerhorsten zu nehmen, sie
aufzuziehen und später an Tiermenagerien oder Falkner zu verkaufen.

Ein gefährliches Wagnis
Nach einem missglückten Versuch war
das Adlerhorstausnehmen im Lechtal
jedoch in Verruf geraten: Damals verfing sich das Seil des Burschen in einer
Felsspalte und er hing stundenlang über
dem Abgrund, bis er mit Hilfe von Seilen
der Dorfglocke befreit werden konnte.
Infolge fand sich kein mutiger Mann
mehr, der das Wagnis eingehen wollte.
Anna stellte sich der gefährlichen Herausforderung und sagte selbst, sie sei
„der Mann dazu“. Sie ließ sich als Siebzehnjährige in einen Adlerhorst abseilen
und entnahm das Jungtier. Mutig wie sie
war, versuchte sie es fünf Jahre später
ein zweites Mal: Sie ließ sich erneut an
einem starken Seil und mit einem zweizinkigen Griesbeil – diese wurden zum
Bergen von Treibholz oder beim Holzfällen verwendet – zu einem Adlerhorst
abseilen. Diese zweite verwegene Aktion schrieb Anna auf Wunsch des bayrischen Schriftstellers Ludwig Steub auf,
der den bearbeiteten Text unter dem Titel „Die Lechthalerin“ bzw. „Das Annele
im Adlerhorst“ veröffentlichte.

© TLM

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Anna Stainer-Knittel, Selbstbildnis in Lechtaler Tracht, 1863.
Original im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Inv. Nr. Gem 1760

Die Münchner Autorin Wilhelmine
von Hillern wurde auf Anna aufmerksam und ließ sich von ihr das Erlebte
schildern. Dem Geschmack der Zeit
entsprechend schrieb sie dann 1875
den dramatischen Heimatroman „Die
Geier-Wally“. Zur Popularisierung der
Geierwally trugen in weiterer Folge

Theaterstücke, eine Oper sowie mehrere Verfilmungen bei.

Eine begabte Malerin
All diese Darstellungen zeigen jedoch
ein völlig verfremdetes Bild und haben
nur wenig mit dem wirklichen Leben
von Anna Stainer-Knittel zu tun. Anna