Amtsblatt (der Stadt Innsbruck)

Jg.1956

/ Nr.12

- S.4

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Amtsblatt der Landeshauptstadt Innsbruck

tei, einer Klasse oder einer Interessentengruppe. (55
ist natürlich, daß politische Parteien miteinander uerhandeln, denn nur so werden die Probleme von den
verschiedenen Standpunkten ans geklärt, nur so wird
eine gemeinsame Kontrolle möglich. Vei allen Entscheidungen durch die jeweilige Mehrheit sind begründete Ansprüche der Minderheit zu berücksichtigen, aber
auch eine Minderheit darf ihre Stellung und ihre
Möglichkeiten daraus nur zum Gesamtwohl einsetzen.
Das Vorhandensein verschiedener Parteien, von denen
teine für sich allein die Mehrheit besitzt, ist durch die
echte Demokratie begründet. Es wird mir niemand
zumuten, daß ich bei gewallter Zusammenarbeit mit
anderen Parteien meine eigenen Grundsätze aufgebe,
so wie ich dies auch nicht dem Andersgesinnten zumute. Menschen, die von der Richtigkeit ihrer Idee
innerlich durchdrungen und in sich gefestigt sind, werden immer miteinander verhandeln können. Das Gemeinwohl bleibt das oberste Gesetz der Gesellschaft,
wobei als Gemeinwohl gilt — um mit dem Naturrechtler Meßner zu sprechen —! ,Die Ordnung der Gesellschaft, in der jedes Glied die Möglichkeit der Erfüllnng seiner Lebensaufgabe auf Grund der Teilnahme an den Früchten der gesellschaftlichen Kooperation besitzt."
Große Aufgaben hat diese Stadt geleistet, große
stehen noch bevor. ,Die Lösung des Wohnungsproblems ist die dringende Forderung der heutigen
Zeit." Dieser Satz aus der Regierungserklärung
Bundeskanzler Raabs gilt mit voller Wucht für uns.
Auch die Begründung hiezu findet unsere volle Bestätigung: ,Das rasche Anwachsen der Städte, das
Problem des den heutigen Ansprüchen nicht mehr genügenden Althausbesitzes, die sozial wohl begründete
Forderung kinderreicher Familien nach größerem
Wohnraum sowie das Wohnungsproblem für junge
Ehepaare zwingen alle verantwortlichen Kreise, eine
durchgreifende Lösung anzustreben/ Die Stadtverwaltung muß alle Möglichkeiten ausschöpfen und
fördern, damit gesunder Wohnraum durch sie selbst
und durch andere geschaffen werden kann.
Auf weitere konkrete Aufgaben der Stadt möchte
ich hier nicht eingehen. Sie werden in den Parteienertlärungen und in der kommenden Budgetdebatte
ausführlich zu besprechen sein. Einige Feststellungen
aber mögen mir noch erlaubt sein!
Den kulturellen Aufgaben müssen wir eine erHöhle
Aufmerksamkeit zuwenden und hiebei nicht nur Einzelfragen löfen, fondern ein den Möglichkeiten der
Landeshauptstadt angepaßtes kulturpolitisches Konzept erarbeiten. Die geographische Lage, die künstlerischen Fähigkeiten und die lraditionsbewußte Einstellung unserer Mitbürger sind hiebei die Grundsubstanz. Die Tatsache, eine Universitätsstadt zu sein,
muß voll ausgeschöpft werden, wie überhaupt das
gesamte Schulwesen in seiner Vielfalt, ob nun die
Gemeinde unmittelbar zuständig ist oder nicht, im
Interesse unserer Mitbürger größter Förderung bedarf. Die gesunde Selbstbetätigung der Bevölkerung
auf dem Gebiete der Kultur und der Heimalpflege ist
dankbar anzuerkennen lind auf breitester Basis zu
sördern.

Nummer 12

Auch das historisch gewachsene Eigenleben in den
verschiedenen Stadtteilen ist durch die gesamte Stadtverwaltung zu unterstützen. Bei gemeindlichen Re»
Planungen sind ebenfalls Zentren vorgesehen, aus di>
Errichtung von Kirchen, Schulen und sonstig!, Gc
meinschaflseinrichtungen ist Bedacht zu nehmen
Der Entwicklung des Sportes in feiner Vielsali hat
die Stadlgemeinol." Rechnung zu tragen. Hiebei ist die
Breitenentwicklung der aktiven sportlichen Belati
gung zu fördern. Den Problemen der jungen Gexc
ration muffen wir aufgeschlossen gegenüberstehe», W i r
müssen um der Jugend willen unter vergangenem
politisches Leid einen Schlußstrich ziehen und eine
Politik aus christlicher Verantwortung siir die ^n
tunft betreiben - auch in der Gemeinde,
Die gemeindliche Gesundheits- und Wohlfahrtspflege soll vorwiegend auf die Verhütung leiblicher,
geistiger und sittlicher Rot ausgerichtet sein. Dam
Wesen der auf diesem Gebiete zu leistenden Arbeit ist
demgemäß Vorsorge und Vorbeugung,
Die dringendste Aufgabe der nächsten Zeil wi>o siil
die Landeshauptstadt die Erstellung eines Iahresvoranschlages sein. W i r sind mit dem Termin schon in
Verzug. Die bisher zusammengetragenen Wünsche
müssen nun ins Gleichgewicht mit der Einnahmenseite
gebracht werden. Die Erstellung eines wirtschaftlich
vertretbaren Voranschlages muß unser Ziel sein. Die
Währnngspolitit des Staates nnd seine Einstellung
zur Volkswirtschaft sind weitestgehend ausschlaggebend auch für die Einnahmenseite und die wirtschaftliche Kraft der Gemeinde. Da die Gemeinde selbstuerantwortlich Steuern verwaltet, kann sie auch über
die ihr zustehenden Einnahmequellen nur unter Rücksichtnahme auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit
ihrer Bewohner verfügen. Die Einnahmenseite a>>
eigenen Steuern liegt aber nur im Laudesdurchschuill
der Gemeinden Tirols. Anderseits sind die Innsbruck
zustehenden Anteile an den gemeinschaftlichen Bnn
desabgaben nach Vorwegnahme der durch Bundesoder Landesgesetze festgelegten Belastungen nicht
groß, und es nimmt uusere Stadt an der erfreulichen
Konjunktur der öffentlichen Einnahmen nur beschränkt teil. M i t den verfügbaren M i t t e l n muß daher
sparsam und verantwortungsbewußt gewirtschaftet
werden.
M i t allen Gemeinden unseres Landes ist Innsbruck
freundschaftlich verbunden. W i r sind uns bewußt, daß
die Gemeinden das Fundament des Staates bilden.
Die Verteidigung der Autonomie ist eine Aufgabe, die
alle Gemeinden gleichermaßen angeht,
Innsbruck will als Landeshauptstadt, iu der sich der
Geist bäuerlicher Kultur verdichtet, der besonderen
Art unseres Heimatlandes T i r o l immer Ausdruck verleihen, T i r o l soll stolz auf seine Landeshauptstadt
sei», Innsbruct w i l l bei gegenseitiger Achtung ein
gutes Verhältnis zwischen Land lind Stadt haben,
I n dieser Stunde möchte ich auch allen Sudlnok"i
Gemeinden die herzlichen Grüße der Land
stadt Tirols entbieten.
Der frei gewählte Gemcindcrai u n i r c i
Stadt gehl n»n ans Wert. Möge der Herrgott unse
Wollen segnen!"
Pz.