Innsbruck Informiert

Jg.2013

/ Nr.6

- S.58

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58

S t ad t geschich t e

innsbruck informiert nr. 6/2013

A us dem S t ad t archiv / S t ad t museum

„Mein Leid klagte ich nur den stummen Wänden
und Felsen, fern vom Menschengetriebe.“


vo n G ü n t er A mor

… mit diesem Satz beendet Carl Gsaller den Bericht über seinen Schicksalsberg, den Pflerscher Tribulaun (3.096 m)
in der Festschrift zur Jahreshauptversammlung 1925 des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins.

C

arl Gsaller war ein Brückenbauer
für den Tourismus und die Touristik in mehrfacher Hinsicht.
Otto Stolz nannte ihn den Bahnbrecher
des Alpinismus. Gsaller wird als der erste
ausgesprochene Felskletterer unter den
Innsbrucker Bergsteigern in der Zeit um
1880 betrachtet. Anfang der 1890er-Jahre
brach laut Stolz in Innsbruck ein neues
Zeitalter in der Geschichte des Alpinismus an. Zu Gsallers Zeit war die Besteigung der höchsten und bedeutendsten
Alpengipfel schon anderen geglückt und
galt damit weitgehend als abgeschlossen. Die Epoche, in der die Kletterer ihre
Sucht nach den schwierigsten Routen auf
Gipfel und durch Wände verlegen sollten,
lag noch in einiger Ferne. Gsaller überspannte diesen Bogen, indem er auch
für andere Bergsteiger nachvollziehbare
Routen erkundete. Schwierig durften
diese schon sein, in ihrer Linienführung
schwang aber viel Ästhetik mit.

Bergsteiger statt Lehrer
Carl Gsaller lebte von 1851 bis 1931 und
war Innsbrucker. Als Sohn eines angesehenen Schneidermeisters verbrachte er
seine Kindheit und Schulzeit im Zentrum des damals noch kleinen Innsbruck.
Nach dem erfolgreichen Abschluss der
Realschule strebte er eine Lehramtsausbildung mit wissenschaftlicher
Fachrichtung an. Fehlentscheidungen
seitens seines Vaters, Geldsorgen und
Carls zu schwache Stimmbänder waren
für einen ganz anderen Lebensweg entscheidend. Der Tod des Vaters und das
entschiedene Auftreten seines Vormundes führten ihn in eine von ihm wenig
geliebte Beamtenlaufbahn. Er trat in
den Telegrafendienst ein.
Aber seine Liebe zur Natur, zur Botanik und zu den Bergen war bei ihm allgegenwärtig. Was lag näher, als Berge,
Wissenschaft und Beruf zu verbinden

und die Freizeit den wahren inneren
Neigungen zu widmen. Mit 20 Jahren,
so schreibt er selbst, wurde er richtiger
Bergsteiger. Gemeinsam mit den Mitgliedern der Bergsteigergesellschaft „Wilde
Bande“ arbeitete er an der Erschließung
der Kalkkögel bei Innsbruck. Carl Gsaller
war es, der diese ehemals kaum beachtete Bergkette in den Stubaier Alpen erst
bekannt gemacht hatte.

Besessener des Alpinismus
Nach und nach fanden Kletterer aus
Innsbrucks Studentenkreisen in den
Kalkkögeln ein reiches Betätigungsfeld.
1892/93 gründeten zwölf Studenten unter der Leitung von Max Peer und Franz
Forcher-Mayr den „Akademischen
Alpenklub Innsbruck“ der deutschen
Hochschülerschaft Innsbruck. Gemeinsam mit diesen gaben die Kletterer der
1896 entstandenen Bergsteigerriege des
Innsbrucker Turnvereins den Ton an.

Carl Gsaller wurde ein Besessener des
Alpinismus. In seinem Beruf, der für ihn
bei weitem keine Berufung darstellte,
war er äußerst gewissenhaft und pflichtgetreu, seine gesamte Freizeit aber widmete er der Erkundung der Bergwelt
und den Diensten für den Alpenverein.
Bei allen seinen Bergfahrten stellte er
akribisch genaue Beobachtungen an.
Er machte Vermessungen im Gelände,
zeichnete und skizzierte, erkundigte
sich immer und überall nach den Bergund Flurnamen und hielt all das schriftlich fest. Nahezu jeder Schritt wurde
aufgeschrieben, die Landschaft mittels
Höhenmesser, Taschentheodoliten und
Neigungsmesser wissenschaftlich genau festgehalten. Zahlreiche Veröffentlichungen in der damaligen Fachliteratur
und in der Tagespresse tragen Gsallers
Unterschrift. Die Schwerpunkte seines
Wirkens lagen im Karwendelgebirge, in
den ganzen Stubaier Alpen und inner-