Amtsblatt (der Stadt Innsbruck)

Jg.1935

/ Nr.11

- S.2

Suchen und Blättern in knapp 900 Ausgaben und 25.000 Seiten.





vorhergehende ||| nächste Seite im Heft

Zur letzten Suche
Diese Ausgabe – 1935_Amtsblatt_11
Ausgaben dieses Jahres – 1935
Jahresauswahl aller Ausgaben

Dieses Bild anzeigen/herunterladen
Gesamter Text dieser Seite:
.Amtsblatt Nr.12

ViestäöttschenMöhöfe in Innsbruck
Von Magistratsrat Dr. Ed. Angerer
Als im 14. Jahrhundert „Insvrugg", die Ansiedlung
an der Innbrücke, immer größere Bedeutung erlangte,
gewann sie allmählich auch in kirchlicher Hinsicht größere
Unabhängigkeit von dem viel älteren Stifte Wilten; die
Kirche von St. Jakob wurde zur Pfarrkirche erhoben.
Damit wurde auch das Begräbniswesen, um das sich
die Kirche seit jeher besonders annahm, von St. Jakob
übernommen. Der damalige Friedhof von „Insprugg"
vor der St.-Iakobs-Pfarrkirche, am heutigen Pfarrplatz, lag somit wohlgeschirmt innerhalb der Stadtmauern, unruhige Zeiten vermochten der Pflege dieser
Kultstätte nichts anzuhaben. So blieb dieser Friedhof
für die Zeit der ruhigen Entwicklung der Stadt, ausgenommen die Pestzeiten, die Stätte der Ruhe für eine
große Geschlechterfolge der Bürgerschaft, bis im Jahre
1508 mit der Ausdehnung der Neustadt die Errichtung
eines größeren Friedhofes notwendig wurde. Hinter
der Heiliggeist- und Spitalkirche und dem Spitale, das
von der Maria-Theresien-Straße über den Marktgraben bis zur Stainerstraße reichte, also am heutigen
Adolf-Pichler-Platz, legte man die neue Begräbnisstätte
mit der St.-Veit-Kapelle an. Damit wurde auch der
alte Friedhof vor der St.-Iakobs-Pfarrkirche im Jahre
1509 aufgelassen. Schon 1576 wurde die Erweiterung
dieses Spitalsfriedhofes nötig.
Allein auch der neue Ruheplatz der Toten entsprach
bei der rasch zunehmenden Entwicklung der Stadt im
Verlaufe des 19. Jahrhunderts nicht mehr den Anforderungen. Die Stadt wuchs um den Friedhof herum,
man mußte für mehr Raum Vorsorgen. So entschloß
sich die Stadtverwaltung am 25. Mai 1855 im Gebiete
der Gemeinde Wilten den heutigen alten Teil des West
friedhofes zu errichten, für den gleich schon die Erweiterungsfähigkeit durch Grundbewerb vorgesehen war.
Der Bauplan für den Gottesacker wurde am 8. August
1856 genehmigt und gleich darauf mit den Bauarbeiten
begonnen. Der alte Spitalsfriedhof, dessen Auflassung
am 31. Dezember 1856 bestimmt wurde, wurde 1869
zugleich mit dem Abbruch der St.-Veits-Kavelle beseitigt.
Der städtische Friedhof, der seinen Haupteingang
vom Innrain her durch die Friedhofallee erhielt, ist als
Quadrat mit einer Grundfläche von 2 na 18a 76 m^
angelegt, das auf den vier Seiten von Arkaden mit
Grüften umgeben ist, die teils ausgemauert, teils Erdgrüfte sind und bald von wohlhabenden Innsbrucker
Familien begehrt waren. An der Südseite gegenüber
dem Eingangstor schlössen die Friedhofskapelle mit
dem zugehörigen Vorraum als Einsegnungshalle sowie
die Schauräume, die erforderlichen Vetriebsrä"ume und
die Wohnung des Totengräbers das Viereck. Die Grabfeldanlage ist durch zwei axiale breite Wege in vier
große Felder unterteilt, weitere kleine Wege bilden zusammen mit den Hauptwegen im alten Teile des Friedhofes 16 Grabfelder, welche die Bezeichnung ^. bis l i
tragen. Jedes Feld enthält rund 260 bis 312 Grabstellen, so daß sich in diesem Friedhof 4307 Grabstellen befinden. Die Grüfte rings herum geben Raum für 1854
Grabplätze, deren Zahl, foferne die Gruftinhaber die
Erdarkaden noch ausbauen, weiter erhöht werden
kann. I n diesem Friedhofsanteil wurden seinerzeit nur
Katholiken beerdigt, während an der Südseite der Anlage noch je ein schmaler Teil zur Beerdigung Verstor-

bener anderer Konfessionen, Protestanten und Juden,
eingerichtet war.
Da die Vevö"IkerungsanzahI der Stadt sich vermehrte, genügte derstädtischeFriedhof nach drei Jahrzehnten schon nicht mehr, die Stadtverwaltung mußte
sich im Jahre 1889 entschließen, den Friedhof gegen
Süden um ein größeres Viereck von 2 ka 62 a 15 m^ zu
erweitern. Von der Freisingstraße her schuf man zwischen dem alten und neuen Teile einen zweiten großen
Eingang. Fast die Hälfte der nördlichen und östlichen
Begrenzung wurde sür die Anlage von Arkaden mit
15 Grüften überdacht und jede der Grüfte mit zwölf
Nischen versehen. An die südliche Schmalseite, die gleichfalls ein Tor erhielt, verlegte man durch Mauern vom
übrigen Teil des Friedhofes abgegrenzte kleine Friedhöfe, deren einer der Beerdigung von Protestanten
aller Richtungen, der andere der von Juden dient. Gegen Westen ward die Möglichkeit einer Erweiterung
des neuen Friedhofteiles vorgefehen. I m Mittelpunkte
des neuen Teiles des Westfriedhofes steht ein großes
Holzkreuz, um das sich die mit den Ziffern 1 bis 16
bezeichneten Grabfelder lagern. Die Maße der einzelnen Grabstellen sind länger gehalten als im alten Teile,
wo sie etwas zu kurz geraten sind, so daß bei Beerdigungen manchmal Schäden sür Nachbargräber fast unvermeidlich sind.
Die Zeit schritt fort, den hygienischen Anforderungen
der Gegenwart entsprachen die bestehenden Aufbahrungsräume, in denen die Besucher unmittelbar Zutritt
zu den Toten hatten, nicht mehr, auch war der Belagraum unzureichend geworden. So entschloß sich denn
der Gemeinderat in der Sitzung vom 6. November 1925
auf Grund der Baupläne des städtischen Baurates Ing.
Franz Wiesenberg zu einem gründlichen und weitgehenden Umbau der Leichen- und Einsegnungshalle
samt Verwaltungsgebäuden. So wie bisher verlegte der
Architekt in die Mitte der Anlage die geräumige und
stimmungsvolle Einsegnungshalle, die innen mit Mosaiken des Professors Iettmar in Wien und des Kunstmalers Gottlieb Schuler von der Tiroler Glasmalereianstalt, sowie mit drei Bildwerken Franz Santifallers
geschmückt ist. Leider erwecken die in den Mosaiken
und Figuren vertretenen Kunstrichtungen verschiedener
Jahrzehnte einen uneinheitlichen Eindruck. Links und
rechts der Einsegnungshalle liegen die beiden Leichenhallen für je fünf Verstorbene und eine für Israeliten.
Hinter großen Spiegelglasfenstern werden die Toten
aufgebahrt, nur mehr die Friedhofbediensteten haben
Zutritt zu den Verstorbenen, in Ausnahmsfällen Angehörige unter Aufficht. Die notwendige Entlüftung der
Aufbahrungshallen erfolgt in einwandfreier Weife
über Dach. Die Friedhofkanzlei und die Wohnung des
Totengräbers schließen sich auf der einen, das Sezierzimmer und sonstige Vetriebsräume auf der anderen
Seite an. Neben der Einsegnungshalle ziehen die Verbindungsgänge vom alten zum neuen Teile des Friedhofes durch, so daß das große Fresko des Kunstmalers
Plattner aus dem Jahre 1864 erhalten blieb; wohlgelungen fügen die Bogen zwischen den Arkaden des
neuen Teiles und der Einsegnungshalle den alten und
neuen Teil des Friedhofes aneinander. Gegen Westen
wurde eine neue Arkadenreihe für 24 Grüfte fortgesetzt
und zwischen dieser und dem alten Teile ein kleiner
Innenhof geschaffen.
Zu gleicher Zeit entstand, ebenfalls nach Plänen des
Vaurates Ing. Wiesenberg, im Räume zwischen dem