Innsbruck Informiert

Jg.2010

/ Nr.11

- S.59

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s t a d t ges c h i c h t e

A u s de m S t a d t a r c h i v / S t a d t m u se u m

100 Jahre Realgymnasium Innsbruck
Dieses Jahr feiert das BRG Sillgasse seinen 100. Geburtstag.

vo n G e r t r au d Ze i n d l

© stadtarchiv innsbruck (Org. Ph-17825)

Schülerinnen des
Mädchenrealgymnasiums in
der Sillgasse, um
1914

D

ie erste Welle der modernen
Frauen(rechts)bewegung (Mitte
des 19. Jhs bis Anfang des 20. Jhs)
kämpfte für die grundsätzlichen politischen und bürgerlichen Rechte der Frauen
wie z. B. das Frauenwahlrecht, das Recht
auf Erwerbstätigkeit und das Recht auf
Bildung. Ein nicht unbedeutendes Etappenziel dieser Frauenbewegung in Tirol
war die Einrichtung einer öffentlichen
städtischen Höheren Töchterschule in
Innsbruck.

Städtische Höhere
Töchterschule
Schon 1885 legte der Bezirksschulinspektor und Gemeinderat Anton von
Schullern die Erfordernis einer Höheren
Mädchenschule für Innsbruck dar. Diese
Notwendigkeit wurde vom Gemeinderat
erkannt und die Errichtung einer Fortbildungsschule für Mädchen beschlossen.
Dieser erste Beschluss kam aber nicht zur
Ausführung. Neun Jahre später folgte ein
weiterer Antrag vom k.k. Bezirksschulinspektor Prof. Sebastian Fleckinger, dass
die Stadt eine Mädchenvolks- und Bürgerschule mit einer daran anknüpfenden
Fortbildungsschule errichten sollte. Auch
dieses Ansuchen wurde vom Gemeinderat angenommen, aber die Komplettausführung scheiterte am Tiroler Landesausschuss, der zwar der Errichtung einer
Mädchenvolksschule zustimmte, aber
eine weiterführende höhere Bürgerschule
ablehnte. Trotz dieser teilweisen Absage
erwarb die Stadt Innsbruck im Frühjahr
1896 das Anwesen Pfeiffersberg in der Sill-

gasse 10, um dort ein neues Schulgebäude
zu installieren. Im April desselben Jahres
wurde mit dem Umbau begonnen und im
Herbst konnte eine 6-klassige Volksschule
eröffnet werden. Zwei Jahre später wurde
dann endlich der Beschluss des Gemeinderates, eine städtische, 4-klassige höhere
Töchterschule zu errichten, umgesetzt.
Die erste Klasse begann bereits im Schuljahr 1898/99.
Die Aufgabe dieser neu begründeten
Lehranstalt bestand darin, den Mädchen
einen über die Volks- und Bürgerschule
hinausreichenden Unterricht zu ermöglichen. Vor 1898 war dies für Mädchen nur
durch den Besuch der Privat-Bürgerschule
der Ursulinen oder der k.k. Lehrerinnenbildungsanstalt möglich. Das Mindestalter für den Eintritt in den 1. Jahrgang der
Töchterschule betrug 13 Jahre.
1902 wird im Jahresbericht der öffentlichen städtischen Höheren Töchterschule
diese Schuleinführung als wichtige Errungenschaft für die Bildung der Frau
proklamiert, aber auch gleichzeitig vom
Schuldirektor darauf hingewiesen, dass
die Frauenbewegung noch kein Ende gefunden hat: „Die Frau hat sich zur Ebenbürtigkeit emporgeschwungen, leidet
aber noch fortwährend unter dem Drucke
verrosteter Vorurtheile und wird von dem
stärkeren Geschlecht in ihren Rechten
verkürzt. … Heute unterliegt es keinem
Zweifel mehr, dass wir dem weiblichen
Geschlechte noch den größten Theil der
unterrichtlichen Fürsorge schuldig sind.“
Im Schuljahr 1903/04 wurde der
Lehrplan der Höheren Töchterschule

jenem für Mädchen-Lyzeen angepasst
und dadurch war es den Töchterschülerinnen möglich, die Maturaprüfung am
öffentlich-städtischen Mädchen-Lyzeum
in Graz zu absolvieren.

Mädchen-Realgymnasium
Über kurz oder lang konnte man aber
auch in Innsbruck die Matura absolvieren. Mit ministeriellem Erlass vom 28.
Juli 1910 wurde der Stadtgemeinde Innsbruck die Genehmigung zur Errichtung
eines Mädchen-Realgymnasiums (Typ A)
erteilt. Die erste Klasse dieses Schultypus
wurde noch im selben Jahr im Schulgebäude der Sillgasse eingerichtet. Das Realgymnasium sollte in der Folge die Höhere
Töchterschule ablösen.
Im Unterschied zu den Aufnahmebestimmungen in die Töchterschule betrug
das Mindestalter für das Realgymnasium nur noch 10 Jahre. Weitere Voraussetzungen waren „die Bekanntschaft mit
den Regeln der Rechtschreibung und
richte Anwendung derselben beim Diktandoschreiben in Kurrent- und Lateinschrift, Kenntnis der Redeteile, Analyse des einfachen Satzes sowie die vier
Grundrechnungsarten mit ganzen und
benannten Zahlen“.
Das Mädchenrealgymnasium stellte
zur damaligen Zeit den modernsten Typus einer Mädchen-Mittelschule dar und
bot ihnen auch Gelegenheit, die Universität als ordentliche und gleichberechtigte
Hörerinnen besuchen zu können.
Die Schulfächer im Realgymnasium
waren nun mehr auf eine Allgemeinbildung ausgerichtet als noch zuvor in der
Höheren Töchterschule. So wurde der
Unterricht um die Fächer Darstellende
Geometrie, Chemie, Physik und Philosophische Propädeutik erweitert. Aber auch
Turnen wurde nun von einem Freigegenstand zu einem Pflichtfach.
Mit dem Schuljahr 1913/14 absolvierten die letzten Schülerinnen die Höhere Töchterschule und vier Jahre später
konnte die Realschule ihre ersten Maturantinnen feiern.

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