Innsbruck Informiert

Jg.2010

/ Nr.7

- S.45

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STADTGESCHICHTE
Innsbruck im Zentrum internationaler Frauenpolitik
Vom 9. bis zum 12. Juli 1910 tagte der Vorstand des Internationalen Frauenweltverbandes (International Council of Women, kurz ICW) in Innsbruck.
Der ICWV wurde im späten 19. Jahrhundert in den UsA gegründet. Er existiert heute noch, und inzwischen haben sich Frauenvereine aus rund 70 Nationen im ICWV zusammengeschlossen. Primäre Ziele des
Aus dem StadtarchiviStadtmuseum von Daniela Jänsch
ICWV waren und sind die Schaffung einer besseren sozialen Stellung, die rechtliche Gleichstellung von Frauen, Reformen des Unterrichtswesens, um die Schul- und Ausbildung insbesondere für Mädchen zu verbessern und der Ausbau der
Gesundheitsvorsorge.
Daher gliederte sich der ICWin der Anfangsphase strukturell in verschiedene Kommissionen, wie Unterrichts-, Rechts-, Antialkohol- und Friedenskommission. In Osterreich wurde der Bund Osterreichischer Frauenvereine (BOFV) 1902 auf Initiative von
Marianne Hainisch (1839—1936) gegründet und 1904, anlässlich der „Internationalen Friedenskonferenz“ in Berlin, in den ICW aufgenommen.
909, ein jahr vor der Vorstandssitzung des ICW in Innsbruck, gehörten dem BOFV 56 Mitgliedsvereine an, beispielsweise der Mädchen-Unterstützungsverein, der Osterreichische Bund für Mutterschutz, die Österreichische Friedensgesellschaft, die
Osterreichische Liga zur Bekämpfung des Mädchenhandels und der 1905 von Virginia Brunner (1857-1946, vgl. auch Innsbruck informiert 12/2005) gegründete Tiroler Hausfrauenverein. Dieser Verein hatte zur Vorbereitung von Frauen und Mädchen auf die
Haushalesführung und zur Ausbildung von Dienstboten in Innsbruck eine Koch- und Haushaltungsschule eröffnet. Im Rahmen der ICWV-Sitzung wurde die Schule besichtigt und von
den Tagungsteilnehmerinnen sehr gelobt.
Vermutlich ist es Marianne Hainisch zu verdanken, dass die Vorstandssitzung des ICW in Innsbruck stattfand. Die Innsbrucker Nachrichten (IN) berichteten im juli 1910 ausführlich über die Vorstandssitzung des Frauenweltverbandes. Neben
Hintergrundinformationen über den ICWV und den BOFV zeichnete die Zeitung die Blografie von Marianne Hainisch in ihrer Bedeutung für die österreichische Frauenbewegung nach: Eine solche Frau auch einmal in Innsbruck zu sehen und sprechen zu
hören, wird von großem Interesse für alle sein, die sich für die vernünftigen Seiten der modernen Frauenbewegung interessieren. (IN 08.07.19 10. Nr. 152, S.4)
Das Vorstandstreffen des ICWV selbst war nicht öffentlich, allerdings gab es am 11. Juli eine öffentliche Versammlung im Kleinen Stadtsaal in Innsbruck, bei der unter anderem der Bürgermeister der Stadt Innsbruck (Wilhelm Greil), die Vorsitzende des ICW
(Lady Aberdeen) und die Vorsitzende des BOFV (Marianne Hainisch) sprachen. Der Eintritt zu dieser Veranstaltung war frei. Am Dienstag, den 12. Juli 1910 druckten die Innsbrucker Nachrichten die Reden dieser Versammlung ab, bei der alle 400 Plätze im
Saal bereits lange vor Beginn beserzt waren. Das Publikum war bunt gemischt, wenn auch die Frauen aus dem Bürgertum und der Oberschicht überwogen.
Sowohl Bgm. Greil als auch Marian
ne Hainisch betonten in ihren Ansprachen die Vorreiterrolle Innsbrucks in der Mädchenbildung, speziell im Vergleich zu Wien. Denn nach den Gründungen der Höheren Töchterschule (1895) und der Mädchenbürgerschule (1904) hatte der Innsbrucker
Gemeinderat die Errichtung eines MädchenReform-Gymnasiums beschlossen.
Die Rednerinnen hoben weiters die
Rolle der Frau innerhalb der Familie hervor, dennoch sollten Frauen zukünftig stärker in das öffentliche Leben eingebunden werden. Sie sollten die Chance bekommen, einen Beruf zu ergreifen und das aktive und passive Wahlrecht auszuüben. Beim letzten
Punkt applaudierte das Innsbrucker Publikum lebhaft. Erreicht wurde das Frauenwahlrecht in Osterreich aber erst 1919, nach dem 1. Weltkrieg, vor dem die Friedensnobelpreisträgerin und Vorsitzende der Friedenskommission des BOFV. Berta von Suttner
(1843—1914), immer gewarnt hatte.
Schülerinnen im Innenhof der Schule Sillgosse 1910.
(Originat Stadtarchiv Innsbruck Ph-M-17995)
Mädchen in der Turnstunde wohl in der Schule Sillgasse um 1900. (Original: Stadtarchiv Innsbruck Ph-17825)
INNSBRUCK INFORMIERT -JULI 2010
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