Amtsblatt (der Stadt Innsbruck)

Jg.1954

/ Nr.11

- S.2

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Amtsblatt der Landeshauptstadt Innsbruck

diesem Gelöbnis starb kein Mensch mehr an der Seuche. Darum wurde sofort zu Veginn des Jahres 1612
unter großen Feierlichkeiten der Grundstein zn der
Kirche von Dreiheiligen gelegt, und der Vau ging so
rasch vorwärts, daß die Kirche am 22. September 1013
geweiht werden konnte. Eine noch ärgere Pest grassierte in den Jahren 1634 und 1635 in der Umgebung
Innsbrucks. Das Innsbrucker Iesuitenkolleg war damals überfüllt mit Leuten, weil — es war die Zeit
des Dreißigjährigen Krieges — aus den vom Krieg
heimgesuchten Gegenden Deutschlands viele in das gesicherte Innsbruck geschickt worden waren. Ein Pater
des Kollegiums, der Franke Johann Mittner, der sich
den Kranken eifrig widmete, starb nun plötzlich, als er
sich morgens vom Beichtstuhl in sein Zimmer Zurückgezogen hatte. Nach dem Urteil des Arztes war es
Herzschlag, aber in der Stadt verbreitete sich das Gerücht, die Pest wüte bereits im Iesuitenkollegium. I n folgedessen wandte sich die Bevölkerung gegen das
Kolleg. I n dieser Not und Sorge gelobte der Obere
des Hauses, in der gerade im Bau befindlichen Dreifaltigkeitskirche eine Kapelle und einen Altar dem
heiligen Pirmin zu weihen und jährlich das Fest des
Heiligen (3. November) feierlich zu begehen. So ging
alles gut vorüber, im Kolleg starb niemand, ja es
kam nicht einmal eine ernste Erkrankung mehr vor.
I m folgenden Jahr trat die Pest wieder auf. I m Kollegium fiel ihr kein einziger zu Opfer. M i t um fo
größerem Vertrauen hing das Tiroler Volk an seinem
neuen Heiligen, und es kam gerne an sein Grab auf
dem Altar der Dreifaltigkeitskirche, um zu beten, daß
„durch feinen Schutz sie von allen ansteckenden Übeln
Leibs und der Seele beständig genüssen mögen".
Durch die Freigebigkeit und Frömmigkeit der Baronin Sternbach, geb. Gräfin von Tannenberg, und
ihrer Schwester erhielt der heilige Leib alsbald einen
kostbaren Schmuck. I m Jahre 1642 konnte am Feste
des Heiligen die herrlich gefaßte Reliquie aus dem
Palais Sternbach in die Dreifaltigkeitskirche übertragen werden. Die ganze Stadt beteiligte sich an der
Prozession: voran schritten der Genius der Universität und sechs Posaunenbläser zu Pferd; dann folgten
die Innsbrucker Bürger mit den Abzeichen ihrer Gilden und Zünfte, daran schlössen sich der Engelbund
und die marianischen Kongregationen. Nun kam der
Klerus mit brennenden Kerzen, am Schluß die Brüder, Scholastiker und Patres der Gesellschaft Jesu, letztere alle im Meßgewand," dann der Sängerchor, der
zu Ehren des Heiligen eigens komponierte Lieder vortrug; zum Schluß der Abt von Fiecht mit Infel und
Stab als Offiziator und seine Assistenz," endlich unter
dem schönen Traghimmel der Leib des Heiligen, von
zwölf Priestern getragen, und rechts und links von
vier Fackelträgern, Söhnen des Barons Sternbach,
begleitet. Nach dem heiligen Leib schritt der Innsbrucker Adel, die Negierung, der Stadtmagistrat
und das übrige Volk, das von weit und breit zusammengekommen war. I m Jahre 1650 wurde der heilige
Leib in einen kostbaren silbergeschmückten Schrein
aus Ebenholz gelegt, und im Jahre 1660 ward durch
die Freigebigkeit eines Innsbrucks Bürgers ein
Marmoraltar, auf dem der Schrein zu stehen kam,
errichtet. So ruhte St. Pirminius, von den Innsbrukkern hoch verehrt, in der Dreifaltigteitskirche bis zur

Nummer

Aufhebung der Gesellschaft Jesu. Mit dem Weggang
der Hüter des Heiligtums hätte bald auch St. Pirmin
die Innsbruck,."!" verlassen. Kaiserin Maria Theresia
halte nämlich bereits die Erlaubnis gegeben, den heiligen Leib aus der nun fast verödeten Dreifaltigteitslirche in das neuerrichtete Gotteshaus des Bencdiktinerstiftes St. Blnsien im Schwarzwald zu übertragen. Aber da flammte die Liebe der Innsbrucker zu
ihrem heiligen Patron auf! wie ein Mann erhoben
sie sich und mit ihnen die übrigen Tiroler und protestierten gegen die Entfernung ihres himmlischen
Schutzherrn und Wohltäters mit solchem Nachdruck,
daß der Abt von St. Vlasien freiwillig auf das kaiserliche Geschenk verzichtete und mit einer bedeutenden
Partikel des heiligen Leibessichzufrieden gab. Daher
wurde der linke Arm des Heiligen dem Reliquienschrein entnommen und am 16. Jänner 1777 unter großer Feierlichkeit nach St. Blasien gebracht.
Nach der Aufhebung dieses Stiftes zu Beginn des
19. Jahrhunderts wanderte dieser Schatz mit dem
letzten Abt nach St. Paul in Kärnten. Schon früher
waren Partikeln vom heiligen Leib verschenkt worden, besonders an Klöster, welche den Heiligen als
Gründer verehren. Indessen zum größten Teil blieb
der heilige Leib doch bei den Innsbruckern. Seit der
Aufhebung der Gesellschaft Jesu hatte die Innsbrucker
Herren- und Vürgerkongregation die Sorge für die
Verehrung St. Pirmins übernommen. Sie ließ jährlich vor dem Feste des Heiligen eine feierliche Novene
halten mit täglicher Singmesse und Abendandacht am
Altar des Heiligen. Als fromme Sitte der alten
Innsbrucker ist noch das gegen Krankheiten, insbesondere gegen Augenkrankheiten, gerne gebrauchte St.Pirmin-Wasser zu nennen, das unter Eintauchung
einer Reliquie des Heiligen von den Jesuiten gesegnet wurde. Da der Heilige der Verfasser eines Katechismus war, der sowohl von seiner Vertrautheit mit
der Heiligen Schrift als auch von seinem Seeleneifer
und seinem praktischen seelsorglichen Geschick zeugt,
wurde St. Pirmin in Verein mit Petrus Eauisius
im Jahre 1906 zum himmlischen Schutzherrn für den
katechetischen Unterricht erwählt. Der im Jahre 1842
angefertigte neue Schrein wurde 1920 vergoldet. Die
darin ruhenden Gebeine des Heiligen wurden bei
dieser Gelegenheit von den Schwestern der Ewigen
Anbetung in Innsbruck gereinigt und mit gediegenem
Schmuck versehen.
Leider hat der letzte Krieg St. Pirmins Grab zerstört. Am 15. Dezember 1943 gegen 13 Uhr schlug eine
Bombe ins Presbyterium der Iesuitenkirche ein. wodurch das Glas des kostbaren Schreines in Trümmer
ging. Der Schrein selbst, d.h. die hölzernen Ral,,nen
desselben blieben unversehrt, ebenso die Reliquien
selber. Nach Erneuerung der Glasscheiben wurde der
Schrein in die St.-Ialobs-Pfarrkirche übertragen und
auf deren südlichem Scitcnaltar des Querschiffes aufgestellt. Als am 16, Dezember 1944 auch St. Jakob
von Bomben getroffen ward, wurde der Schrein von
herabfallendem Mauerwert zerdrückt und bedeckt. Es
war Winter und Schnee fiel darauf. Erst mehrere
Wochen später konnte bei Aufräumunqsarbeiten in
vorsichtiger Weise die Schuttdecke abgenommen und
die darunter liegenden Reliquien gesammeil werden.
Die Fassung allerdings ging dabei für immer uerlo-