Innsbruck Informiert

Jg.2009

/ Nr.6

- S.45

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STADTGESCHICHTE

Hebammen: Ein klassischer
Frauenberuf im Wandel der Zeit
Die Geburtshilfe w a r jahrhundertelang eine Angelegenheit der
F r a u e n . H e b a m m e n n a h m e n sich d e r S c h w a n g e r e n a n ,
versorgten die W ö c h n e r i n n e n und N e u g e b o r e n e n und e r t e i l t e n
A u s k u n f t bei gynäkologischen B e s c h w e r d e n u n d i m B e r e i c h
der Kinderheilkunde.
Das W o r t Hebamme taucht erstmals im 16. Jahrhundert auf und ist
eine Zusammensetzung aus dem althochdeutschen „hefihanna" (heben
und Ahne) und „ A m m e " . In Tirol ist
das W o r t „ H e b a m m e " seit 1518
schriftlich belegt. Daneben bestanden
Aus dem Stadtarchiv I Stadtmuseum
von Gertraud Zeindl
und Roland Kubanda
aber auch zahlreiche andere Benennungen für die Geburtshelferin wie
„ W e h m u t t e r " oder „Muame". Was
jedoch alle Bezeichnungen gemein haben, sie zeugen von einer Geburtshilfe
in Frauenhänden, ausgeführt von Verwandten (Ahnen) und Nachbarinnen
oder von besonders erfahrenen Frauen
aus dem regionalen Umfeld.
Der erste Beleg für eine Hebamme
in Innsbruck stammt aus dem Jahr
1535: Damals richteten mehrere adelige und bürgerliche Frauen ein Bittgesuch an den Stadtpfarrer, dass die
bisherige Köchin des Hofkaplans, Anna
Hartmann, eine wöchentliche Entlohnung erhalten solle, damit sie sich
allein den gebärenden Frauen widmen
könne.
Schon bald wurden diese städtischen
Hebammen einer Ausbildung unterzogen und mussten Prüfungen ablegen.
Zu dieser Ausbildung zählte auch eine
Unterweisung von Priestern in der
Nottaufe. Eine tatsächliche Regelung
der Ausbildung erfolgte aber erst
unter Kaiserin-Witwe Maria Theresia.
Seit 1765 waren die Hebammen in
Tirol verpflichtet, an der medizinischen
Fakultät in Innsbruck sechswöchige
Kurse erfolgreich abzuschließen, anschließend ein einjähriges Praktikum

bei einer befähigten Hebamme zu absolvieren und zuletzt eine Abschlussprüfung zu bestehen. Damit oblag die
theoretische Ausbildung der Hebammen nunmehr der männlich dominierten Medizin der Universitäten.
Die Medizin beschnitt alsbald die Befugnisse der Hebammen, eignete sich
deren Können an und unterstellten
sie seit der Sanitätsreform von 1770
vollends der Kontrolle der Geburtshelfer. Hebammen sahen sich im Einzugsgebiet Innsbruck zusehends durch
die dortigen Hebammenschulen und
Entbindungsanstalten der männlichen
Geburtshilfe unterworfen.
Eine erste derartige Entbindungsanstalt bestand seit 1818 im Stadtspital
Innsbruck, w o ein eigener Geburtsbereich mit einer Spitalshebamme eingerichtet w o r d e n war. Es wurden
hierbei zwei Zimmer im ersten Stock
der „medizinischen Weiberabteilung"
für Frauen der unteren Schicht zur
Verfügung gestellt. Gerade jene Frauen
waren häufig unterernährt und geschwächt, das wiederum zu oft schwierigen Geburten führte. In diesem Bereich des Stadtspitals wurden dann
auch neue operative Entbindungstechniken an den Gebärenden ausprobiert
und diente als geburtshilfliche Anstalt
für die angehenden Hebammen und
Geburtshelfer.
In Innsbruck- im Gegensatz zu den
ländlichen Regionen - legten W ö c h nerinnen, aber auch Hebammen selbst,
immer mehr W e r t auf Zeugnisse des
Geburtskurses. Um diese Ausbildung
zu zentralisieren, wurde die Landesgebäranstalt Alle Laste bei Trient gegründet. 1869 wurde diese Anstalt
aufgelassen und nach Innsbruck verlegt.
Im Zuge dessen wurde zu allererst

I N N S B R U C K I N F O R M I E R T - J U N I 2009

der dritte Stock des Innsbrucker
Stadtspitals angemietet, um die steigende Anzahl an Wöchnerinnen aufzunehmen. 1887 bis 1890 wurde dann
in der Schulgasse (heute Michael-Gaismair-Straße I) ein neues Gebäude
für die Landesgebäranstalt errichtet.

Das Haus in der Innstraße Nr. 85 diente
als „Ordination" für die geprüfte Hebamme
Anna Rieder, die hier vielleicht sogar im
Eingangsportal posiert. Um 1905.
Stadtarchiv I Stadtmuseum Innsbruck,
Sammlung Kreutz, Ph-26130.

Bis in die 1920er Jahre wurden d o r t
Kinder geboren sowie Hebammen
und Geburtshelfer ausgebildet.
Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts sollen 95 % aller Geburten in
Tirol ohne Arzt, also allein mit Hilfe
von Hebammen, erfolgt sein. Dies
änderte sich dann dramatisch durch
die Einführung neuer medizinischer
Instrumente und Arzneimittel wie
auch durch medizinische Erkenntnisse
zum Wochenbettfieber u. dgl. mehr.
Die Ärzte setzten sich als Geburtshelfer letztlich durch, Hebammen
sind zum überwiegenden Anteil nur
mehr als Zusatzkräfte bei der Geburt
tätig.

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