Innsbruck Informiert

Jg.2007

/ Nr.12

- S.44

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STADTGESCHICH ir;

Eine Pionierin aus Innsbruck
A l s i m J a h r I 897 u n t e r d e m d a m a l i g e n U n t e r r i c h t s m i n i s t e r u n d
s p ä t e r e n M i n i s t e r p r ä s i d e n t e n D r . Paul G a u t s c h , F r e i h e r r von
F r a n k e n t h u r n (185 1-1918), das e r s t e M a l F r a u e n z u m S t u d i u m
als o r d e n t l i c h e H ö r e r an d e r P h i l o s o p h i s c h e n F a k u l t ä t d e r U n i v e r s i t ä t I n n s b r u c k zugelassen w u r d e n , h i e l t sich d e r A n d r a n g
n o c h s e h r in G r e n z e n .
wurde in Venedig geboren. Aus der
1863 geschlossenen Ehe gingen sieben
Kinder hervor. Von 1879 bis 1886 besuchte Adelheid Schneller das PädagoW o heute 19.450 ordentliche Högium in Innsbruck. Anschließend kam
rer, davon 10.106 weibliche Studiesie ins Pensionat der Englischen FräuFür das Stadtarchiv/Stadtmuseum
lein S. Croce in Rovereto, w o sie die
italienische und französische Sprache
von W a l t e r Meisel
erlernte. Nachdem sie 1895 die Lehr e r i n n e n p r ü f u n g am Pädagogium
rende die Universität besuchen (Stand
Innsbruck „mit bestem Erfolg" beSommersemester 2007), waren es am
standen hatte, legte sie 1902 die ReiEnde des 19. Jahrhunderts gerade einfeprüfung am Gymnasium Innsbruck
mal sieben Gasthörerinnen und ab
„mit trefflichem Erfolg" ab. Im gleichen
1901 vier außerordentliche StudenJahr immatrikulierte sie an
der LeopoldFranzens-Universität
in
Innsbruck das
Fach
„Geschichte und
ihre Hilfswissenschaften".
In den beiden
phi l o s o p h i schen Rigorosen hatte sie
jeweils ausgeD/"e Universitätsstraße um 1900 - Am linken Bildrand ist noch ein Stück
zeichnete Erdes Gebäudes der damaligen Universität (heute Theologische Fakultät)
folge. Der Titel
ZU sehen.
(Original-Foto: StadtarchivIStadtmuseum Innsbruck KR/PL-128)
ihrer Doktorarbeit lautete „ D e r Brüssler Friede
tinnen. Im Wintersemester 1902 invon 1516". (Dieser Friedensschluss
skribierte dann die erste Frau als orfolgte einer Auseinandersetzung zwidentliche Hörerin, Adelheid Schnelschen den Eidgenossen und Frankreich
ler.
und bedeutete für Kaiser Maximilian
Adelheid Schneller wurde am 7.
I. den Verlust des Herzogtums Mailand
März 1873 in Innsbruck geboren. Ihr
an Frankreich und von Verona an die
Vater war der Gymnasialprofessor
Republik Venedig.)
und Landesschulinspektor k.k. Hofrat
Diese Arbeit fand als Band 83 AufChristian Schneller, ein gebürtiger
nahme
in der Sammlung „Historische
Außerferner (geboren 183 I in HolzStudien", veröffentlicht von Emil Ebegau im Lechtal) und leidenschaftlicher
ring im gleichnamigen Verlag, Berlin
Schriftsteller und Volkskundler. Ihre
1910.
Mutter Maria, geborene Canestrini,

V o r 100 Jahren promovierte mit
Adelheid Schneller die erste Frau an
der Universität Innsbruck.

20

Die feierliche Promotion in der
Aula der Alten Universität erfolgte am
9. Dezember 1907 im Beisein ihres
stolzen Vaters. Den festlichen A k t
nahmen der damalige Rektor der Universität, Univ.-Prof. Dr. Rudolf von
Scala, der Dekan der Philosophischen Fakultät, Univ.-Prof. Dr. Brunner, und Schnellers D o k t o r v a t e r .
Univ.-Prof. Dr. Hans von Voltelini,
vor. Nach Ablegung des Gelöbnisses
„ m i t fester Stimme" in lateinischer
Sprache und vor einer großen Zahl an
Zusehern erhielt Dr. Adelheid Schneller vom Vorstand des akademischen
Historikerclubs, Herrn Odilo Haberleitner, einen großen Strauß rosa
Rosen.
Der Rektor ging am Ende seiner
Ansprache nochmals auf Adelheid
Schneller ein: „Es ist mir eine warme
Genugtuung, Sie hier als erstes Fräulein Doktor zu begrüßen; umso lieber,
als ich die Freude habe, in Ihnen die
Tochter eines Ehrendoktors unserer
Universität beglückwünschen zu können. Ich beglückwünsche an diesem
Tage Sie. Ihre Familie, die Universität
und unser Volk. W i r wollen die
T o r e der Wissenschaft weit auftun.
um alle Strebenden einzulassen. Es
gilt, alte Vorurteile zurückzubeugen
und einer freien Auffassung der W e l t
und der Bildung den W e g zu öffnen."
Nach Abschluss i h r e r Studien
wandte sich Adelheid Schneller der
Schriftstellerei zu. Erhalten sind „ D i e
Ciste der Dindia. Novelle a.d.3. Jahrhundert v. Chr." und „Larthia Viusinei", eine etruskische Novelle, beide veröffentlicht in der Tiroler Zeitschrift „ D e r Föhn".
Adelheid Schneller war unverheiratet, hatte keine Kinder und starb am
16. September 1955 82-jährig im A l tenwohnheim Saggen an einem plötzlichen Herzanfall. Sie wurde am 19.
September 1955 am Innsbrucker
Ostfriedhof beerdigt. Ihre Grabstätte wurde nach zehn Jahren aufgelassen und später wieder neu vergeben.

I N N S B R U C K I N F O R M I E R T - DEZEMBER 2007