Innsbruck Informiert

Jg.2007

/ Nr.8

- S.45

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STADTGESCHICHTE

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Museum Goldenes Dachl: Die
Hutterer - verbrannte Visionen (?)
A l s eines i h r e r e r s t e n P r o j e k t e h a t sich d e r M u s e u m s v e r b u n d
c u l t u h r . a t die Organisation einer Gemeinschaftsausstellung
v o r g e n o m m e n . U n t e r d e m Titel „ D e r Mensch u m I 5 0 0 "
w i r d i m M u s e u m G o l d e n e s D a c h l bis Ende O k t o b e r 2007 die
Sonderausstellung „ D i e H u t t e r e r - v e r b r a n n t e Visionen (?)"
p r ä s e n t i e r t . D i e Z u s a m m e n a r b e i t e r f o l g t e u.a. m i t d e r
Universität Innsbruck und d e m Land T i r o l .
Die Hutterer gehörten zur religiösen
Bewegung der Täufer. Ihr Name geht
auf den Vorsteher der Gemeinde, den
Für das Stadtarchiv/Stadtmuseum
von Mag. Barbara Kobler
Pustertaler Jakob Hutter, zurück, der im
Februar 1536 vor dem Goldenen Dachl
in Innsbruck auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurde.
Historisch gesehen, war nicht die
praktizierte Erwachsenentaufe allein
dasjenige, warum sie verfolgt wurden.
Der Grund dafür war vor allem ihre
Trennung von Staat und Kirche und ihre
Weigerung, den Eid auf
politische Obrigkeiten
zu leisten.
Im frühen 16. Jahrhundertfanden die täuferischen Ideen in Tirol
viele Anhänger. Die
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Hauptzentren waren
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das Pustertal sowie die
Regionen um RattenH&f"
berg und um Kitzbühel.
Im Gegensatz zu ande;
ren Regionen des Hei1 L
liger! Römischen ReiI
dies, wo das Täufertum
eher auf urbanem Boden gedieh, fanden die
Täufer in Tirol besonDie Daumenschraube ders unter der bäuerliwar ein oft verwendeteschen Bevölkerung viele
Fokerinstrument, 17. Jh.
Anhänger.
(Foto: Fcrdmandcun))
Die Hutterer wurden
im Zuge der Reformation ab dem Jahre 1527 als „Wiedertäufer" von der
kirchlichen und weltlichen Obrigkeit in
Tirol bekämpft und blutig verfolgt In Ti-

rol war aufgrund der intensiv betriebenen Verfolgung der Hutterer ein organisiertes und geregeltes Gemeindeleben nicht möglich. Die Versammlungen und Gottesdienste konnten nicht öffentlich stattfinden. Um vor der politischen und richterlichen Obrigkeit sicher
zu sein, traf man sich in Wäldern und
auf Almen.
Es wird vermutet, dass bis zu 1000
Personen hingerichtet wurden. Als
mögliche Todesarten standen laut Tiroler Malefizordnung zur Verfügung:
Tod durch Rädern oder durch das
Schwert. Schleifen und Vierteilen und
auch Ertränken. Das Gewohnheitsrecht und das freie Ermessen des
Richters hatten zusätzlich noch ein
breites Spektrum offen. Täuferinnen
wurden z.B. meistens nicht durch das
Schwert getötet, sondern in den Flüssen ertränkt. Die Verfolgung der Täufer ließ ihre Lage in Tirol immer schwieriger werden. Als Ausweg blieb nur
mehr die Emigration. Die Täufer wanderten zuerst nach Mähren und dann
nach Ost- und Südosteuropa aus.
Direkte Nachkommen kamen im 19.
Jahrhundert auch nach Nordamerika.
D o r t gibt es heute noch über 40.000
Hutterer, die ihre Traditionen pflegen.
Ihr Leben ist demokratisch organisiert
- es gibt einen Altesten für jede Gruppe, ansonsten leben und wirtschaften sie
auf den Höfen autonom. Gegenseitige
Hilfeleistung ist üblich und gehört zum
hutterischen Leben dazu. Vor allem hat
auch ihre Sprache überdauert. Gesprochen wird ein tirolerisch-kärntnerischer Dialekt durchwachsen mit englischen W ö r t e r n und Formulierungen.
Was die Hutterer auch von anderen

I N N S B R U C K I N F O R M I E R T - A U G U S T 2007

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Täufergruppen, wie den Mennoniten
oder Amish, unterscheidet, ist dass sie
in Gütergemeinschaften, auf den „Haushaben", zusammenleben. Alle
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haben alles geMKWË
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mein. Es wird
zusammen ge•T v
arbeitet gegessen und gebe¥
tet. Jeder ver¥
richtet gemeinschaftliche Tätigkeiten und
alle arbeiten
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zum „Gemeinen Nutzen". Eki Krug der Habaner-Keramik,
Berühmt ist eine Handwerkskunst der
slowakischen Täuferbewevor allem auch
gung, I 784. (Foto: Österr. Muse
das
Kunstf.
Volkskunde/Wien)
handwerk der
Hutterer - die Habaner-Keramik zählt
zu Erzeugnissen der Volkskunst Als Habaner werden jene Mitglieder der Täufer bezeichnet die sich ab dem zweiten
D r i t t e l des 16. Jahrhunderts im
böhmisch-mährischen, slowakisch-ungarischen und siebenbürgischen Raum
niederließen. In ihren Lebensformen war
Handwerk sehr gefragt, und gerade
dieser Faktor schlug sich in kunstvollen
Erzeugnissen der Messerschmiede und
Töpferei nieder. Die Habaner-Keramik
zeichnet sich aus durch ihre Formvollkommenheit, durch eine häufig weiße
Zinnglasur, an kräftigen Farben und ausdrucksvollen Ornamenten. So ist es
nicht verwunderlich, dass diese Produkte in Form von Vasen, Tellern und
Krügen nicht nur bei Bruderschaften
und Zünften, sondern auch beim Adel
als Zier- und Schmuckgegenstände
sehr beliebt waren.

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Die Ausstellung „Die Hutterer verbrannte Visionen?" ist noch bis 3 I.
Oktober 2007, täglich von 10.00 bis
17.00 Uhr, im Museum Goldenes Dachl
zu sehen!
www.innsbruck.at/goldenesdachl
www.cultuhr.at