Amtsblatt (der Stadt Innsbruck)

Jg.1935

/ Nr.9

- S.7

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Amtsblatt Nr.10_
klar hervor. — eine Frage, die nach dem alten Gemeindestatut nicht zu beantworten war — daß der
Bürgermeister (Bürgermeister-Stellvertreter) nicht zum
Magistrate zählt. Der Bürgermeister ist „Organ" der
Gemeinde, dem das „Hilfsorgan", der Etadtmagistrat,
unterstellt ist. Die Leitung des Magistrates obliegt auch
nicht dem Bürgermeister, sondern einem rechtskundigen
Verwaltungsbeamten, der den Titel „Magistratsdirektor" führt. Seine Bestellung bedarf der Genehmigung
der Landesregierung. Natürlich ist der Magistratsdirektor dem Bürgermeister unterstellt und an dessen Weisungen gebunden. Dem Magistratsdirektor unterstehen
unmittelbar die Leiter aller Abteilungen des Magistrates, die ausschließlich nur Beamte sein können, und in
der Folge alle Zugeteilten Beamten und Arbeiter. Die
Durchführung der Geschäfte und der Vollzug der Beschlüsse des Gemeindetages und Gemeinderates obliegt,
soweit nicht der Bürgermeister sich solche Amtshandlungen selbst vorbehält oder in einzelnen Fällen Gemeindetagsmitglieder mit Geschäften feines Wirkungskreises
betraut, ausschließlich dem Veamtenkörver.
Die Regelung der Dienst- und Besoldungsverhältnisse
der städtischen Beamten und der Lohn- und Arbeitsverhältnisse der städtischen Arbeiter ist wohl noch Sache des
Gemeindetages. Bei der Regelung der Dienst- und Vesoldungsverhältnisse der öffentlich-rechtlichen Angestellten aber ist der Gemeindetag durch die auf Grund des
Art. 36 der Bundesverfassung 1934 Zu erwartenden
Bundes- und Landesgesetze in seiner Beschlußfreiheit
beschränkt. Die Genehmigung des Dienstpostenplanes
ist der Landesregierung vorbehalten. Grundsätzlich sind
alle öffentlich-rechtlichen Angestellten der Gemeinde den
Bediensteten der Hoheitsverwaltung des Landes in
gleichartiger oder ähnlicher Verwendung in besoldungsund dienstrechtlicher Hinsicht gleichgestellt. Der Gemeindetag kann unter Berücksichtigung der angedeuteten Schranken eine Dienstordnung erlassen.
Nach dem alten Gemeindestatute war dem Gemeinderate ausdrücklich das Recht eingeräumt, die Zahl und
die Bezüge der sür den Dienst der Gemeindeverwaltung
und der Gemeindeanstalten nötigen Angestellten vollkommen nach freiem Ermessen festzusetzen. Den öffentlich-rechtlichen Gemeindebediensteten waren für sich und
ihre Angehörigen „jedenfalls" — d. h. mindestens —
dieselben Ansprüche an die Gemeinde eingeräumt, die
den Staatsangestellten der Verwaltungsbehörden zustanden.
Die

städtischen

Unternehmungen

Außerhalb des Magistrates stehen die selbständigen
städtischen Unternehmungen, d. s. solche erwerbswirtschaftliche Einrichtungen der Gemeinde, denen der Gemeindetag ausdrücklich die Eigenschaft einer selbständigen Unternehmung Zuerkannt hat. Sie stehen unter der
Leitung eines Direktors, dieser ist mit dem gesamten
Personal dem Bürgermeister unterstellt. Diese Unterordnung des Personales der städtischen Unternehmungen unter den Bürgermeister ist neu. Der Gemeindetag
hat den Unternehmungen Organisationsbestimmungen
zu geben, i n denen der Wirkungskreis der Verwaltungsausschüsse uüd der Direktoren festzusetzen ist. I n
den Organisationsbestimmungen sind auch die Angelegenheiten ausdrücklich zu bezeichnen, die sich der Gemeindetag vorbehält. Die Unternehmungen unterliegen

der Überwachung und Überprüfung durch den Bürgermeister und seiner Beauftragten. Nach dem alten Gemeindestatute oblag die unmittelbare Überwachung der
Unternehmungen ausschließlich den Verwaltungsausschüssen, die wiederum ihrerseits nur dem Gemeinderate
und Stadtrate, nicht etwa dem Bürgermeister, verantwortlich waren.

Zum M . Hauplstück: Wirkungskreis öer Gemeinst
unö ihrer Organe
Der

eigene und über t r a g e n e W i r k u n g s k r e i s der G e m e i n d e

Die Einteilung des Wirkungskreises der Gemeinde
ist gleich wie im alten Statut. Der Gemeinde fällt ein
eigener und ein vom Bund und Land übertragener
Wirkungskreis zu. Der eigene Wirkungskreis der Gemeinde wird im allgemeinen mit denselben Worten wie
im alten Gemeindestatute definiert als der, in dem die
Gemeinde mit Beobachtung der Bundes- und Landesgesetze nach freier Selbstbestimmung anordnen und verfügen kann. Die i m alten Statut enthaltene, aus A r t i kel V des Reichsgemeindegesetzes vom Jahre 1862 stammende Ergänzung „er umfaßt überhaupt alles, was das
eigene Interesse der Gemeinde zunächst berührt und
durch ihre eigenen Kräfte besorgt und durchgeführt werden kann" ist in der Definition des eigenen Wirkungskreises gestrichen, jedoch in Anlehnung an Art. 40 der
Bundesverfassung 1934 zur Begriffsbestimmung der
örtlichen Sicherheitspolizei verwendet. I m eigenen Wirkungskreise der Gemeinde sind zu unterscheiden:
a) das Recht der Gemeinde, als selbständiger Wirtschaftskörper innerhalb der Schranken der Gesetze
ihren Haushalt selbständig zu führen, Abgaben einzuheben, Vermögen aller Art Zu besitzen, zu erwerben und darüber Zu verfügen sowie wirtschaftliche
Unternehmungen Zu betreiben, die dem allgemeinen
Interesse der Gemeindebewohner dienen,d) die Angelegenheiten, die durch Bundes- oder Landesgesetz dem eigenen Wirkungskreis der Gemeinde Zugewiesen werden.
Diese Zuweisungsmöglichkeit nimmt einem Teile des
eigenen Wirkungskreises den bisher bestehenden festen
Rahmen,- er kann jederzeit erweitert oder eingeengt
werden, denn das Recht der Zuweisung schließt auch das
Recht des Entzuges der Zugewiesenen Aufgaben in sich.
Das Land hat von seinem Zuweisungsrechte bereits Gebrauch gemacht, indem es i m Stadtrechte als in den
eigenen Wirkungskreis gehörig der Gemeinde als
„Recht und Pflicht" zuweist die Obsorge für die Sicherheit der Person und des Eigentums (örtliche Sicherheitspolizei), das Hilfs- und Rettungswesen und das
Leichen- und Vestattungswesen, die Sorge für die Erhaltung der Straßen. Wege, Plätze und Brücken der
Stadt, die örtliche Straßenpolizei, foweit es sich nicht
um Vundesstraßen handelt, den Flurschutz und die FlurpoliZei, die Marktvolizei. soweit sie nicht Bundessache
ist, die Feuerpolizei, die Baupolizei, soweit sie nicht dem
Bund oder dem Land vorbehalten ist. das Armenwesen,
die gesetzlich geregelte Einflußnahme auf die Schulen,
die Sorge für deren Errichtung und Erhaltung, soweit
sie i m Gesetze begründet ist sowie die Vornahme freiwilliger Versteigerungen beweglicher Sachen.