Innsbruck Informiert

Jg.2005

/ Nr.9

- S.43

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STADTGESCHICHTE

Die Konversion Christines von
Schweden vor 350 J a h r e n
Wenn Franz Carl Zoller in seinem
W e r k „Geschichte und Denkwürdigkeiten der Stadt Innsbruck und der
umliegenden Gegend" 1816 schrieb,
dass sich im Innsbruck des Jahres 1655
Aus dem Stadtarchiv/Stadtmuseum von Josefine Justic
„eine Begebenheit" ereignete, „welche die Aufmerksamkeit von ganz Europa auf sich zog, und eine ebenso unangenehme Sensation im Norden, als
die lebhafteste Freude im Süden erreg-

füllte. Ihre tief greifenden Studien, die
sie mit nach Stockholm gerufenen Jesuitenpatres betrieb,gipfelten schließlich in der Entscheidung, der römischkatholischen Kirche beizutreten. Damit verbunden verzichtete sie 1654
auf ihre weltlichen Ämter: Sie legte die
schwedische Krone nieder und bekannte sich vorerst heimlich zum katholischen Glauben. Ihrem Wunsche
nach Rom zu reisen und d o r t empfangen zu werden, stellte Papst Alexander
VII. die Bedingung entgegen, dass sie
zuvor ihre Konversion öffentlich machen sollte und schickte ihr dazu seinen Gesandten Lukas Holstenius nach
Innsbruck, der Stadt, die für dieses Ereignis ausgewählt wurde.
In Innsbruck regierte 1655 Erzherzog Ferdinand Karl, ein Sohn Claudias
von Medici und Erzherzog Leopold V.
Der Besuch der ehemaligen Königin
von Schweden wurde zwar angekündigt, jedoch die Hintergründe ihres
Aufenthaltes wurden dem landesfürstlichen Hof nicht bekanntgegeben.

Aus diesem Grund bereitete der
Innsbrucker Hof „ein ausgedehntes
Programm rein weltlicher Festlichkeiten" vor,„in welches nun die kirchliche
Feier des öffentlichen Liebertrittes einChristine von Schweden, Abbildung aus
geschoben
werden mußte" schrieb
dem 1655 in InnsbruckgedrucktenTextLudwig
Freiherr
von Pastor ( 1854—
buch zur Oper „L"Argia". Original in der
1928),
der
bekannte
KirchenhistoriOsterr. Nationalbibliothek.
(Foto: Hans Lederer im Stadtarchiv/ ker in einer im „ T i r o l e r Anzeiger"
Stadtmuseum, Sign. Ph-30681) posthum (1930) veröffentlichten Abhandlung. Über das besondere Ereigte", so meinte er damit den - erstmals
nis, das am 3. November 1655 in der
öffentlich vollzogenen - Übertritt der
Innsbrucker Hofkirche stattgefunden
ehemaligen Königin von Schweden,
Christine, vom Protestantismus zum
hat, berichtete er folgendes:
begab
Katholizismus. Dieses Bekenntnis legsich die Königin in einem einfachen,
schwarzen Seidenkleide, und nur mit
te sie am 3. November 1655 in der
einem diamantenen Kreuz auf der linInnsbrucker Hofkirche ab.
ken Seite geschmückt, in Begleitung
Christine von Schweden, die Tochder beiden Erzherzöge Karl und Sigister des im Dreißigjährigen Krieg gefalmund von der Hofburg zur Hofkirche.
lenen Königs Gustav II. Adolf, zeigte
Vor
dem Altare kniete sie nieder und
schon in jungen Jahren großes Interverlas, mit klaren, wohlvernehmlichen
esse an Wissenschaften wie PhilosoW o r t e n und freudigem Gemüt, langphie, Theologie, Literatur und Kunst,
sam und distinkt mit lauter, gleichsam
das sie mit den Jahren immer mehr er-

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männlicher Stimme das ihr von Holstenius überreichte tridentinische
Glaubensbekenntnis. Nachdem sie
dieses beschworen hatte, fand unter
tiefer Bewegung aller Anwesenden mit
den üblichen Zeremonien ihre öffentlicheAufnahme in die katholische Kirche statt. Der erzherzogliche Hofprediger Staudacher aus dem Jesuitenorden hielt eine deutsche Predigt über
den Text:,Höre,Tochter, und schaue,
neige dein O h r und vergiß deines
Volkes und deines Vaters Haus, so wird
der König sich an dir erfreuen; denn
er ist dein Herr und du sollst ihn anbeten!" Ein Hochamt folgte, das Tedeum bildete den Schluß der religiösen
Feier. Nach der Festtafel fand ein
Fackeltanz der Pagen statt und wurde
ein mythologisches Spiel aufgeführt.
Eine von Holstenius aufgenommene
Urkunde über die Vorgänge in Innsbruck wurde von ihm selbst, dem
Glaubensbekenntnis, in das die Königin eigenhändig ihren Namen eintrug,
und dem Original ihres Verzichtes auf
die Krone, nach Rom gebracht, w o
diese Akte noch heute im päpstlichen
Geheimarchiv aufbewahrt werden."
Christine von Schweden blieb noch
bis zum 8. November in Innsbruck,
konnte ein reichhaltiges kulturelles
Programm im kurz zuvor fertiggestellten Hoftheater (dem Vorgängerbau
des heutigen Landestheaters) genießen, dessen Höhepunkt die Uraufführung der Oper „L"Argia" des hiesigen Hofkammerkapellmeisters Marc
Antonio Cesti gewesen war.
Nach einem triumphalen Empfang
in Rom lebte Christine von Schweden
im Ausland, vor allem jedoch, wie sie
es sich seit ihrer Abdankung gewünscht hatte, in Rom selbst und starb
in dieser Stadt am 19. April 1689.
Besucherinnen des Petersdomes
werden dort sowohl ihr Grabmal als
auch das sich darauf befindliche Relief, das an den 3. November 1655 in
Innsbruck erinnert, finden.

I N N S B R U C K I N F O R M I E R T - SEPTEMBER 2005