Amtsblatt (der Stadt Innsbruck)

Jg.1951

/ Nr.10

- S.6

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Amtsblatt der Landeshauptstadt Innsbruck

dene presse erstmals uoin Auflauchcn eines
Fahrzeuges, das man Nelociped naniile, etwas Zu höreii.
Man nahm diese Nachricht zur Kenntnis und wartete neugierig, was die Zukunft wohl noch bringen würde, Endlich konnten die „Innsbrucker Nachrichten" berichten- fluch
Innsbruck hat nun die vielbesprochenen Velocipedes erblickt. Am Samstag, den 24. April 1869, versuchten sich
einige Herren mit mehreren von der Firma Peteriongo
bestellten Velocipedes im Hausflur des Lindner"schen Hauses
und wagten sich schließlich auch auf die Straße heraus.
Diese Versuche sollen non keinem großen <5rfolg gekrönt gewesen sein. Abends und bis in die tiefe Rächt war die
Anivsrsitätsstraße der Tummelplatz uon uelocipedierenden
Herren. Tags darauf fuhren zwei Herren mit dem Velociped nach Wattens. Beim Wirtshause, wo sie hielten,
staunten natürlich alle diese niegesehenen Fuhrwerke an.
Dann ist der Hausknecht, dem in seiner hausknechtlichen
siraris noch nie ein solcher Fall vorgekommen war, vorgetreten und hat beide Velocipedes wie Pferds in den Stall
geführt" bei der Abreise wurden die Räder pflichtschuldig
wieder vorgeführt und gegen ein Trinkgeld, wie es bei anderen Fuhrwerken üblich war, den Eigentümern übergeben.
Am gleichen Tags kam ein Herr uon Bozen mit einem Velociped in Innsbruck angereist und lenkte in einem kühnen Bogen in die ,,Sonne" ein.
Begreiflicherweise schüttelten die Zuschauenden Menschen
die Köpf? lind nieinten, diese Velocipedes-Räder seien nur
Zum Unglückstiftsn geeignet. I n der Tat brauchte es einen
kühnen Wagemut, auf ein anderthalb Meter hohes, scheinbar äußerst leicht gebautes Rad Zu steigen lind bei der
Fahrt das Gleichgewicht Zu halten. Die ersten Fahrräder
waren nämlich anders gebaut als die späteren. Das Vorderrad hatte eine höhe von ungefähr 150 Zentimeter, während
das Hinterrad wohl nicht mehr als 60 Zentimeter im Durchmesser erreichte. Der Lenker eines solchen Ungetümen Rades
kam den Leuten vor wie ein Akrobat.
Die „Innsbrucker Nachrichten" vom 10. September 1869
berichteten: Vor einigen Tagen begegneten Zwei in einem
Nagen auf der Straße nach Ziri fahrende Fuhrleute zweien
Velocipedisten. Die Pferde wurden durch diese ungewohnte
(krscheinung scheu lind gingen durch, so daß die Fuhrleute
aus dem Karren geschleudert wurden und Verletzungen davontrugen. Liner davon ist daran bereits gestorben.
I m gleichen Jahre lasen die Innsbrucker in einer Zeitung, daß Herr Kemp, ein englischer Apotheker, als erster
mit einem Velociped den Boden Asiens betrat" es war in
der Nähe uon Bombay und er hatte vorsichtshalber an seiner Maschine eine Laterne befestigt. Die Hindus waren
ganZ bestürzt, als sie in pfeilschneller Geschwindigkeit einen
Mann cnif einem Rad an sich uorbeisausen sahen. Mehrere
von ihnen knieten nieder, weil sie glaubten, Gott Wischnu sei
durch eine neue Inkarnation wieder auf srden erschienen.
Angesichts solcher Tatsachen blieb die Reaktion auch in
Innsbruck nicht aus. Der Magistrat hat das Fahren mit
Velocipeden in den Straften der Stadt kurzwegs verboten.
Bei einem Tiroler Fahrrad-Rendezvous in Trient am
Ostermontag des Jahres 1873 nahmen auch mehrere Velocipedisten aus Innsbruck teil. Auf dem dortigen Piazza
d"armi wurden Bravourstücke auf Fahrrädern alisgeführt.
Die heimreise am anderen Tage geschah allerdings mittels
Bahn. So wurde schon damals die Vielseitigkeit des Fahrrades als Sportgerät erkannt.
1875 tauchten in Innsbruck Velocipeden auf, die in dreizehn Tagen uon Paris nach Wien fuhren," diese Männer
erregten gewaltiges Aufsehen.
I n der Geineinderatsitzung voi» 17. Juli 1876 wurde das
Fahren mit Velocipeden unter gewissen durch die öffentliche
Sicherheit gebotenen Beschränkungen im Stadtgebiet wieder gestattet, (ks war nämlich bekannt geworden, daß in

Nummer

manchen Slaalen Europas l>> B. Italien! das
bereits für den Ordvnnanzdienst eingeführt wurde.
I m Jahre 1881 preist die Firma Alois Witling in Innsbruckor Blättern Knaben Velocipede Zum Preise von 10,
12 und 15 Gulden an.
I n Innsbruck hat sich im Juli 188ö unter dem Namen
„Bicycle-Club" ein Verein gebildet, dessen Mitgliedern seitens des Magistrates ausdrücklich erlaubt wurde, unter Ne»
obachtnng der nötigen Vorsichtsmaßregeln und versehen mit
einer eigenen Vollmacht, nicht bloß außerhalb der Slad!,
sondern auch in den Straßen selbst auf dem ,,<5ilrado" ihre
Li"kursionen ausZusühren. I n diesem Jahre, lind Zwar in
den Tagen Zwischen dem 18. und 20. August, lud der Velocipeden-TIub der Deutschen und Österreicher, der 3000 Mitglieder Zählte, Zu seinem Kongreß in Magdeburg ein.
Innsbrucker Velocipedisten beteiligten sich auch am großen
Velociped-Rennen in München, das ani 16. September 1882
abgehalten wurde.
Zwischen dem Aicu.c!e»<5!ub und den Münchner Velocipedisten wurde am 17. August 1884 auf der Strecke Bergiselplateau — Anterberg in der Länge von etwa 4000 Meter ein
Wettsahren veranstaltet" den ersten Preis in Gestalt eines
Trinkglases mit goldverZiortsin Deckel erhielt ein gewisser
Peknlj. — Laut Gomeindcratssitzungsprotokoll vom 1Z. Oktober desselben Jahres wurde dein hiesigen BiciicleTIub
die Benützung des Redoutensaales Zu Fahrübungen an
wöchentlich drei Abenden, während des Winters, gegen BeZahlung uon 50 Gulden gestattet) das «llubzimer befand sich
damals im Adambrän. - Ls wird bekannt gemacht, daß
der Engländer M r . Thomas Stehens seine im Velocipede
durchgeführte Weltrundreise, wozu er ein Jahr brauchte,
abgeschlossen hat. Weiters wird die Mitteilung aus Deutschland verbreitet, wonach dort lwn den Metzger- und Bäckerbuben das Volociped Zum Austragen ihrer Waren benutzt
wird.
M i t dem Jahre 1885 wird das Bicycle auch in Österreich
für OrdonnanZdienste in Verwendung genommen. - Während bisher nur die Männer sich des Velocipeds bedienten,
hörte man nun den sensationellen Bericht, daß Otto Weber
aus München-Gladbach mit seiner Gemahlin auf einem Tricycle eine Reise durch das Rheinland machte.
Großes Aufsehen erregte die Tatsache, daß die Zwei Herren Franz Lindner und L. paniZZa aus Innsbruck während
des Monats September des Jahres 1886 in sechs Tagen
die Strecke Innsbruck — Bruneck — Cortina — Trsviso Mostre — padna — Verona - Innsbruck im Velociped
durchfuhren- dabei hatten die Herren in Bruneck und Venedig einen je Zweitägigen Aufenthalt genommen. — August
Hildebrand ans München eröffnete in Innsbruck einen eigenen Kurs „zum rationellen Erlernen des Velocipedfahrons".
lheute lernt das Kind das Radfahren uon selbst" es genügt,
daß der Vater sein Rad flir wenige Minuten hinter die
Haustür stellt - und schon orweist sich der junge Sprößling
des Fahrradfahrens kundig.> Triciclo und Velociped
wurden in den Dienst der Post gestellt.
Die Velocipedfabrik frankfurter und Ottenstcin in Nürnberg erzeugte um das Jahr 188? - auch uon unserem heutigen Gesichtspunkt aus gesehen - schon ganz moderne
Fahrräder. - Vor Fahrunterricht erfuhr immer weiteren
umfang und wurde vom odgenannten Münchener Velocipedlehrer in die weite Innsbrucker Schießstandhalle verlegt.
Das Zweite Tiroler Biciicle-Ktrasien Rennen wurde am
11. und 12. August 1888, alich diesmal vom SonnenburgerHof südwärts, unter Zahlreicher Teilnahme abgehalten. Als
Hahrmeiller wurde Alfons KleinheinZ, 5al!merau,orstraße io,
genannt. Das Tiroler Volksblalt berichtete in der Beilage
der Nr. 66! Das Straßenrennen zeigte, daß dieser Sport
nahe daran ist, lebensgejührlich Zu sein. Der 1. und 2.
Preisträger mühten sich so ab, daß sie bald den Strapazen
erlegen wären. Der eine mußte ärztliche Hilfe in Anspruch