Amtsblatt (der Stadt Innsbruck)

Jg.1935

/ Nr.8

- S.7

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Amtsblatt Nr.9

Auszug aus öem Hunöesgesetzblatt für öen
Vunöesstaat Österreich/ So. Ätück vom
Vundesgesetz über die Regelung der Arbeit der Kinder und Jugendlichen mit Ausschluß der Kinderarbeit in der Land- und
Forstwirtschaft.
Der Bundestag hat beschlossen:
I. Allgemeine Bestimmungen
§ 1. A b g r e n z u n g des K i n d e s a l t e r s .
(1) Kinder im Sinne dieses Gesetzes, das sind Knaben und Mädchen vor dem vollendeten 14. Lebensjahre, dürfen nur nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Gesetzes zur Arbeit (Kinderarbeit)
verwendet oder sonst beschäftigt werden.
(2) Kinder, die das 14. Lebensjahr vor Beendigung des Schuljahres vollenden, unterliegen bis zum Ablauf des Schuljahres
den Vorschriften des Absatzes 1.
(3) Als Ablauf des Schuljahres gilt der Zeitpunkt, in dem
das Schuljahr nach den für den Ort der Verwendung geltenden
Vorschriften endet.
§ 2. B e g r i f f d e r K i n d e r a r b e i t .
(1) Als Kinderarbeit im Sinne dieses Gesetzes gilt die entgeltliche und die, wenn auch nicht besonders entlohnte regelmäßige
Verwendung von Kindern zu Arbeiten jeder Art mit Ausnahme
der Arbeiten in der Land- und Forstwirtschaft.
(2) Als Kinderarbeit gilt nicht die Beschäftigung von Kindern,
die ausschließlich zu Zwecken des Unterrichtes oder der Erziehung
erfolgt, ferner nicht die Heranziehung von Kindern zu vereinzelten Dienstleistungen und die Beschäftigung eigener Kinder (§ 3)
mit leichten, wenn auch regelmäßigen Leistungen von geringer
Dauer im Haushalte. — Als Kinderarbeit gilt auch nicht die Arbeit von Kindern in Fach- und Berufsschulen, sofern sie im wesentlichen erzieherischer Art ist, nicht Erwerbszwecken dient und
durch die Behörde begrenzt, genehmigt und beaufsichtigt wird.
(3) Wenn das Gesetz von Verwendung von Kindern spricht, ist
die Verwendung zu Kinderarbeit gemeint.
§ 3. E i g e n e u n d f r e m d e K i n d e r .
(1) Als eigene Kinder im Sinne dieses Gesetzes gelten Kinder,
die mit jenem, der sie beschäftigt, im gemeinsamen Haushalte
leben und mit ihm bis zum vierten Grad verwandt oder verschwägert sind oder zu ihm im Verhältnis von Stiefkindern,
Wahlkindern oder Mündeln stehen.
(2) Alle übrigen gelten als fremde Kinder.

§ 4. L o h n schütz.
(1) Infoweit das Entgelt für die Arbeit fremder Kinder in
Geldlohn besteht, dürfen in Anrechnung auf diesen Geldlohn nur
Wohnung, Kleidung, Lebensmittel und Schulbehelfe zugewendet
werden. Der hiebei angerechnete Preis darf die Beschaffungskosten
nicht übersteigen.
(2) Die Verabreichung von geistigen Getränken und von Tabak an Kinder als Entgelt für ihre Arbeit ist untersagt. Gebrannte geistige Getränke und Tabak dürfen Kindern während
oder anläßlich der Arbeit überhaupt nicht verabreicht werden.
§ 5. A l l g e m e i n e B e s c h r ä n k u n g der V e r w e n d u n g
und Beschäftigung von K i n d e r n .
Kinder dürfen nur infoweit verwendet oder beschäftigt werden,
als fie dadurch in ihrer Gesundheit nicht geschädigt, in ihrer
körperlichen und geistigen Entwicklung oder in ihrer Sittlichkeit
nicht gefährdet, in der Erfüllung ihrer religiösen Pflichten nicht
gehindert und im Besuch der Schule sowie in der Möglichkeit,
dem Schulunterricht mit Nutzen zu folgen, nicht beeinträchtigt
werden.
I I . Beschränkungen der Verwendung und Beschäftigung von
Kindern und Jugendlichen
§ 6. F ü r K i n d e r v e r b o t e n e B e t r i e b e u n d Beschäftigungen.
I n den Betrieben, die in einem besonderen Verzeichnisse angeführt sind, einschließlich ihrer Nebenbetriebe, dürfen Kinder nicht
verwendet oder sonst beschäftigt, desgleichen dürfen sie zu den
dort angeführten Beschäftigungen nicht herangezogen werden. Der

Bundesminister für soziale Verwaltung kann dieses Verzeichnis
durch Verordnung ergänzen oder erweitern.
§ 7. V e r w e n d u n g v o n K i n d e r n u n d J u g e n d l i c h e n
i m Gast- u n d S c h a n k g e w e r b e .
Zum Einfüllen der Getränke und zur Bedienung der Gäste fawie zu Arbeiten an Küchenherden in Betrieben des Gast- und
Echankgewerbes dürfen Kinder nicht verwendet werden. Dies gilt
auch für weibliche Personen, die das Kindesalter (§ 1) überschritten und das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, es sei
denn, daß sie mit jenem, der sie beschäftigt, im gemeinsamen
Haushalte leben und mit ihm bis zum 4. Grczd verwandt oder
verschwägert sind oder zu ihm im Verhältnis von Stiefkindern,
Wahlkindern oder Mündeln stehen.
§10. V e r w e n d u n g v o n K i n d e r n zu l e i c h t e n A r b e i ten.
(1) Soweit die vorstehenden Vorschriften nichts anderes bestimmen, dürfen Kinder, die das 12. Lebensjahr vollendet haben, zu
leichten Arbeiten herangezogen werden, soferne diese Arbeiten sowohl an Schultagen wie an schulfreien Tagen zwei Stunden täglich nicht überschreiten, wobei die Gesamtzahl der dem Schulunterricht und den leichten Arbeiten gewidmeten Stunden täglich keinesfalls mehr als sieben betragen darf.
(2) Die Verwendung vor dem Vormittagsunterricht und während der dem Nachmittagsunterricht unmittelbar vorangehenden
zwei Stunden ist verboten. Nach Schluß des Unterrichtes (bei geteiltem Unterricht nach Schluß eines jeden Unterrichtsabfchnittes)
ist eine Stunde arbeitsfrei zu halten. I n diese Freizeiten ist die
Zeit, die zur Zurücklegung des Weges zu und von der Schule
erforderlich ist, nicht einzurechnen.
(3) Die Verwendung von Kindern ist verboten:
1. An Sonntagen, am 1. Mai, an den gesetzlichen und an den
für das Glaubensbekenntnis des Kindes gebotenen Feiertagen.
2 in der Zeit zwischen 8 Uhr abends und 8 Uhr morgens.
(4) Als leichte Arbeiten im Sinne des Absatzes 1 sind insbesondere anzusehen: kleine Botengänge, kleine Verrichtungen im
Warenhandel, Lieferwege, insoweit leichte Gegenstände in Betracht
kommen, kleine Dienstleistungen auf Sport- und Spielplätzen,
Pflücken von Blumen und Früchten.