Amtsblatt (der Stadt Innsbruck)

Jg.1935

/ Nr.8

- S.2

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Amtsblatt Nr. 9
Stadtgemeinde verschiedenen Unternehmungen in der
Steuerbemessung entgegenkommen, um die Steuerquelle nicht gänglich versiegen zu lassen. So wurde das
Theater als Kulturtheater von der Steuer vollkommen
befreit, die Kinos in der Besteuerung wesentlich herabgesetzt. Es ist also nicht die Verringerung der Besucher
zahl, sondern vielmehr die Verringerung des Ertrages
der Unternehmungen, welche die Steuerminderung verursacht. Das Verhältnis der Besucherzahlen ist im ganzen und großen in den letzten Jahren gleich geblieben.
Während der Wintersaison — als solche rechne ich die
Monate Oktober 1934 bis einschließlich April 1935 sind folgende Besucherzahlen interessant:
Kinotheater
Stadttheawr
Sportliche Veranstaltungen .
Tanzveranstaltungen . . . .
Konzerte
Vorträge und Ausstellungen
Dilettantenbühnen . . . . .
Vereinsveranstaltungen
.

323.591
. 127.853
. 26.972
23.791
18.560
. 10.619
10.344
. 6.086

Es fallen daher auf den Kopf der Bevölkerung in
dieser Zeit von Oktober bis einschließlich April
5.3 Besuche von Kinovorstellungen
2.1 Theaterbesuche
0.44 Besuche von steuerpflichtigen sportlichen Veranstaltungen
0.39 von Tanzveranstaltungen
0.30 von Konzerten
0.17 von Vorträgen und Ausstellungen
0.16 von Dilettantenbühnen
0.10 von sonstigen Vereinsveranstaltungen
Hiebei muß betont werden, daß diese Statistik nur
jene Besuche erfassen kann, welche steuerpflichtig sind.
Es sind somit insbesondere alle jene sportlichen, Tanzund Vereins-Veranstaltungen nicht erfaßt, welche keiner
Steuerbemessung unterliegen, weil kein Eintrittsgeld
erhoben wird. Die Besucherzahlen würden unter Einrechnung solcher Veranstaltungen natürlich ein wesentlich anderes Bild ergeben. Unter steuerpflichtigen sportlichen Veranstaltungen sind nur das Skispringen und
die Boxkämpfe erfaßt. Zu beachten ist der verhältnismäßig hohe Besuch von Dilettantenbühnen, deren in
dieser Saison nicht weniger als acht zeitweise tätig
waren!
Es ist jedoch nach meiner Ansicht keineswegs gerechtfertigt, den Rückgang der Erträgnisse verschiedener
Veranstaltungen — wie besonders der Konzerte und
des Stadttheaters — bloß auf die wirtschaftliche Lage
zurückzuführen; es hieße einen wichtigen Faktor außer

acht lassen, wollte man die Konkurrenz nicht erwähnen.
Vor kurzem hat die Ravag anläßlich ihres 10jährigen
Bestandes eine Statistik veröffentlicht, aus der u. a.
entnommen werden konnte, wie hoch einem Radioteilnehmer eine Sendung eines Philharmonikerkonzertes
zu stehen kommt, — sie kostet sage und schreibe einen
Groschen; sämtliche Wagner-Opern in einem Jahre
kommen auf 35 Groschen. Bei solchen Preisen ist natürlich ein Bestehen anderer Unternehmungen nahezu
unmöglich gemacht.
Dem oben dargestellten Rückgang der Einnahmen
aus Vergnügungssteuern müssen wir daher die Entwicklung der Radio-Teilnehmerzahlen gegenüberstellen. Sie
betrugen für Tirol:

1931
1932
1933
1934 -

14.326
17.408
21.044
25.101

Während alfo die Städte genötigt sind, die Vergnügungssteuern selbst zu ermäßigen, um ihre Unternehmungen über Wasser zu halten, während die Unternehmungen ihrerseits die Preise ermäßigen müssen, um
einigermaßen die Besucherzahlen der früheren Jahre zu
erreichen, nimmt die Bevölkerung zum Rundfunk Zuflucht. Es ist aber keineswegs richtig, daß dies durchaus nur aus wirtschaftlichen Gründen geschieht, da gerade jene Kreise, die es nicht nötig hätten, den Konzertbesuch einstellen und — aus Bequemlichkeit den
Radioempfang Zu Haufe bei einem Glase Wein und
einer Zigarre vorziehen.
An den Radiosendungen ist zuweilen Kritik geübt
worden; wir haben uns hier mit dieser Kritik nicht
zu befassen, es sei lediglich festgestellt, daß die ständige
Zunahme der Rundfunkteilnehmer ohne Zweifel in den
Städten den Steuerertrag an Vergnügungssteuer stark
vermindert. Auf andere wirtschaftlich nachteilige Folgen kann hier nicht weiter eingegangen werden. D i e
hier wiedergegebenen Zahlen erweisen,
daß e i n a u s g i e b i g e r B e i t r a g f ü r d i e
künstlerischen, k u l t u r e l l e n
Unternehm u n g e n i n den L a n d e s h a u p t s t ä d t e n aus
d e n E i n n a h m e n d e r R a v a g d u r c h a u s beg r ü n d e t ist.
Insbesondere müßte für Innsbruck die Erhaltung
des Orchesters, das ebenso dem Musikverein und Konzertleben, dem Theater, wie auch den Zwecken des
Fremdenverkehres zugute kommt, gesichert werden.
Hiezu wäre kein schwer ins Gewicht fallender Betrag
nötig, jedenfalls kein solcher, wie ihn andere Städte für
ihre Zwecke der Fremdenverkehrs- und Kunstförderung
vom Bund erhalten.