Innsbruck Informiert

Jg.2002

/ Nr.9

- S.50

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STADTGESCHICHTE

Neue archäologische
Forschungen a m Bergisel
Der Bergisel - allerdings vorerst
nur sein nördlicher Ausläufer - ist
seit langer Zeit schon als bedeutender archäologischer Fundplatz bekannt. Doch erst in jüngerer Z e i t
konnte ein Hobbyarchäologe, der
Bildhauer Kassian Erhart, auf der
Kuppe östlich des Sprungturmes kleine Fragmente von vorgeschichtlicher
Keramik und ein Bruchstück eines
Bronzebleches auflesen. Die wenigen
Keramikfragmente, einige bei hoher
Temperatur verbrannte Knochen und
durch Feuerhitze gerötete Steine bildeten ein deutliches Indiz für einen
Brandopferplatz. N o c h wesentlich
verräterischer aber zeigte sich in der
Folge das für das geübte Auge sich
deutlich abzeichnende künstlich

Eine eiserne Sichel aus dem Schatzhaus am Bergisel.
(Foto: R. Lachberger)

überformte Geländerelief: mächtige
grubenartige Strukturen sowie breite Terrassierungen für ein Siedlungsareal.
Aktualität erlangten aber dann diese Kenntnisse erst, als schon für das
Jahr 2000 der Neubau der Sprungschanze angekündigt wurde. Bedauerlicherweise ist es wegen des gerin-

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gen
Budgets
des
Bundesdenkmalamtes
unmöglich, gewissermaßen
prophylaktisch
Rettungsgrabungen an künftig gefährdeten
archäologisehen Bodendenk malen
durchzuführen.
Dank der FiZierscheiben aus Bronze aus dem Schatzhaus am Bergisel.
(Foto: R. Lachberger)

nanzierung
durch die Innsbrucker Kommunalbetriebe, der Kulturabteilung des LandesTirol und des
Bundesdenkmalamtes sowie einer
kleineren Subvention der Kulturabteilung der Gemeinde Innsbruck
konnten nach der Sprengung des alten Schanzenturmes und den ersten
Aufräumarbeiten Wissenschafter und
Studenten des Institutes für Ur- und
Frühgeschichte der Universität Innsbruck mit den Forschungen beginnen.
Der Verein ArchaeoTirol stellte die
schon bewährte moderne technische
Infrastruktur sowie die Stammmannschaft aus Vereinsmitgliedern.
Im Bereich desAreals,wo derWasserspeicher errichtet werden sollte,
konnte einTeil einer Siedlung der späten Eisenzeit (ca. 470-15 v. Chr.) freigelegt werden.
Die Reste eines Brandopferplatzes
konnten auf der Kuppe des Berges
d o k u m e n t i e r t werden. Mächtige
durch Feuer verziegelte Flächen und
die verbrannten Knochen derTieropfer machten dies deutlich.

Erst knapp vor Abschluss der geplanten Grabungen wurde bekannt,
dass der Grat, der von Westen zur
Kuppe anläuft, für eine Zufahrt planiert werden sollte. Also mussten wir
d o r t unter gewaltigem Z e i t d r u c k
noch ein Haus freilegen, das als Kultgebäude ähnlich den „Schatzräumen"

(lat. favisae) diente. Das Innere war
nämlich mit Brandasche und teilweise verbrannten Opfergaben verfüllt.
Auch keltische Münzen fanden sich
unter den geweihten Stücken.
Trotz der recht begrenzten Flächen
konnten doch wesentliche neue
Aspekte der Bebauung - Siedlung und
Heiligtum - am Bergisel aufgezeigt
werden, jedenfalls war auch für hartgesottene Archäologen die Qualität
der Befunde und Funde überraschend.
Weitere Grabungen wären daher vielversprechend und sicher angesichts
neuer Baumaßnahmen notwendig. Jedoch verfügt das Denkmalamt der
,,Kulturnation Ö s t e r r e i c h " im Vergleich mit dem benachbarten Ausland
neben der schwachen personellen Besetzung nur über ein geringes Budget.
Soll uns aber diese Fundstelle aus
wirtschaftlichen Erwägungen verloren gehen? Dies wäre wohl kaum
auch angesichts des derzeit notwendigen Sparkurses einzusehen. Gerade
der Bergisel birgt einen wesentlichen
Schlüssel zu neuen Erkenntnissen
über unsere hochzivilisiertenVorfahren
die Räter. Noch heute verbinden wir das antike Olympia nicht nur
mit Sport, sondern genauso mit
Kunst und Religiosität.Warum sollte
dies an der olympischen Sportstätte
am Bergisel nicht möglich sein?

I N N S B R U C K I N F O R M I E R T - SEPTEMBER 2002