Amtsblatt (der Stadt Innsbruck)

Jg.1950

/ Nr.10

- S.6

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Amtsblatt der Landeshauptstadt Innsbruck

Nummer 10

Die Wasenmeisterei in Innsbruck
Aon Wilhelm Eppacher
Draußen am Stadtrande lGeneral-Lcker-Straße Rr. 1j
befindet sich die allgemein wenig deachtete jedoch wicht uninteressante städtische Anstalt der Wasenmeisterei. Organisatorisch untersteht sie der Magistratsabteilung V I I I , Veterinäramt, die Durchführung der Geschäfte obliegt einem
eigenen Wasenmeister.
Aber das Wesen der Wasenmeisterei oder Abdeckerei in
alten Zeiten erzählt uns Bruno pokornu, einiges in einem
sehr ansprechenden Aufsah, erschienen im Tiroler Anzeiger
1936 Rr. 44, unter dem Titel „Abdecker und Abtreiber im
alten Innsbruck". Auch Konrad ßischnaler überliefert uns
in seiner Innsbrucker Chronik, Rand I V , Seite 142 mehrere historische Daten über das Wesen und Werden der
Anstalt. Hast unbekannt dürfte den meisten Innsbruckern
jedoch die Geschichte der Wasenmeifterei-Anstalt, wie sie
gegenwärtig besteht, sein.
Vor dem 12. März 1842 stand das Abdeckerhaus — im
Volksmlmd auch hundsmsisterei oder kurzwegs Schinterei
benannt — in der Innstraße. M i t diesem Zeitpunkt mußte sie
wegen Straßenerweiterung, die im Gebiete von St. Nikolaus durchgeführt wurde, verschwinden. I n der ßolgezeit
wurde das Häuschen, das wir heute als Rummer 29 der
Sebastian-Scheel-Straße bezeichnen sehemals Kapuzinergas>e42), für die „6chinter"-Zwecke verwendet. Seine Einrichtung muß mehr als primitiv gewesen sein, denn es
wurden in veterinär-polizeilicher Hinsicht wiederholt Klagen über Mängel geführt- aber der Kamin spie meistens
Rauch aus, so daß in der Innsbrucker Bevölkerung die Bezeichnung „Rauchhäusl" dafür in Verwendung kam. Erstmcils öffentliche Mehrbeachtung erfuhr die Wasenmeisterei
im Jahre 1890, als vom Gemeinderat eine sorgfältig ausgearbeitete W a se n m e i st e r e i - O r d n u n g beschlossen wurde, wodurch die Anstalt endlich eine rechtliche Begründung erfuhr. M i t Beschluß des Gemeinderates vom
12. Oktober 1900 wurde auch die Besorgung des Wasenmeister-Dienstes in Willen, das damals noch eine selbständige Gemeinde war, durch den städtischen Wasenmeister gegen eine jährliche Entschädigung von 400 Kronen übernommen. Dm Jahre 1902 schritt die Stadtgemeinde zum Baue
des Landhauses Reichenali Rr. 2, heute General-EcckerStraße Rr. 1. Die Wasenmeisterei fand darinnen ihr heim.
Ende Juli 1902 konnte der damalige Wasenmeister Alm einziehen und den Betrieb zeitgemäß erneuern. Beachtenswert
erscheint sin, auch heute noch vorhandenes, in deutscher und
italienischer Sprache am 13. März 190? abgefaßtes Rundschreiben der k. k. Statthalter«! für Tirol und Vorarlberg,
worin die früher gehandhabten Methoden zum Hangen,
zum Transport und zur Tötung der Tiere als nicht entsprechend hingestellt und neue Richtlinien für die Behandlung der Tiere, vom Standpunkt des Tierschutzes ausgehend, aufgestellt wurden. I n der Gemeinderatsihung vom
22. März 1912 wurde mitgeteilt, daß die bisherige Wasenmeisterei der haubitzendiuision als Abikation für Militär»
schlächterci zu überlassen sei. c5s wurden sofort 25,000 Kronen für die Errichtung einer neuen Wasenmeisterei am Sillspitz, heute Matthias-Schmid-Straße Rr. 14, genehmigt.
An dieser Stelle verblieb sie bis 1918.
Aber Antrag der Schlachthofkommission beschloß der Gemeindorat am 11. April letztgenannten Jahres, die bisherige Art der Kadaververtilgung durch V e r g r a b e n
aufzulassen und dadurch die Tätigkeit des Wasenmeisters
zum größten Teil einzustellen. Er selbst wurde der eben

nouerrichleten Tierkörper-Verwertungsstelle im Rahmen des
städtischen Schlachthofes zur Dienstleistung zugeteilt. Erst
1927, also neun Jahre nach Auflassung, schritt die Stadt«
gemeinde doch wieder zur Wiedererrichtung einer eigenen
Wasenmeisterei, wie sich eine solche in früheren Zeiten ja
auch bewährt hatte. Es erfolgte die Bestellung eines neuen
Meisters, der den Netrieb nun wieder in dem eigens für
diesen Zweck erbauten Objekt einzurichten hatte. I n den
letzten 23 Jahren kamen Veränderungen nicht mehr vor.
Am dem Leser zur furzen geschichtlichen Darlegung auch
einen Einblick in das Tätigkeitsfeld der Wasenmeisterei zu
geben, werden hier noch Auszüge aus zwei zeitlich ziem«
lich auseinander liegenden Jahresberichten vorgelegt.
I m J a h r e 1909 wurden vom Wasenmeister vernichtet beziehungsweise verscharrt" die Kadaver von 12 Stück
Großvieh, 108 Hunde, 5 Katzen, 1 Hirsch, 10 Gemsen,
89 Stück Geflügel sowie ein §aß Gurken, 60 I<^ Käse und
5500 ! von 64 nach erfolgter Versteuerung wieder frei gegeben.
I m J a h r e 1946 wurden 140 Hunde und 2? Katzen
vertilgt- von den K a d a v e r n 11 Rinder, 20 Kälber,
8 Schafe, 2 Merkel" Rindsinnereien 5208 Stück" Pferde«
innereien 21 Stück" ferner 50 Schafslebern, 2 Kalbslebern,
1 Schweinsdarm- 3354 Stück Rindsfleisch sdavon 700 kx
Surfleisch, 2580 K3 Rindsfleisch und 74 K3 Rindsknochen),
58 K3 Kalbfleisch, 28 I<8 Pferdefleisch, 8 kx Ziegen«
fleisch, 220 kx Würste und 9315 I fälle," von K o n f i s k a t e n durch das städtische Marktamt 47.843 Stück amerikanische Konserven (davon 39.037
Stück Fleischkonserven, 7399 Stock Sojabohnen, 1407 Stück
zischkonseruenj, 3098 lxz? Salzheringe, 2425 I<3 Kürbismark,
562 kx Eierpuluer und 9 Kx Schokolade. Von diesen Kada«
uern und Konfiskaten wurden, da nicht infektiös, abgegeben! 9910 ! Leutasch 30.528 Stück Konserven, 2739 kx Hutterfleisch und
544 K^ Salzherings) an die ßuchsfarm in Laus 4263 1 ^
§utterf!eisch, 1004 Stück Konserven und 200 K^ Salzherings"
an das Landgut Reichenau 2425 I<^ Kürbismark, 208 kx
Eierpulver und 98 Stück Konserven- schließlich wurde der
Zirkus Krone mit 461 I<8 Hutterfleifch beliefert.
Es dürfte auch die Mitteilung von Interesse sein, wo die
Verscharrungen erfolgen. Zufolge Erklärung des derzeit!«
gen Wasenmeisters wurden die Verscharrungen in den rund
70 Jahren vor 1942 in der Rahe der Reichenauer-Siedlung
vorgenommen. I n der Zeit zwischen 1942 und 1945 wurde
der Sillspih als Verscharrungsplatz verwendet lind seither
werden die Verscharrungen ciuf dem Mullplatz in der Roß«
au vorgenommen.
Jedwede Tötung der anfallenden Tiere wird bereits seit
Jahren mittels Bolzenschußapparat durchgeführt, ein Ver«
fahren, das den modernen Grundfähen des Tierschutzes
Rechnung trägt.
Wer die Wasenmoisterei gesucht, wird zur Aberzeugung
gelangen, daß der Betrieb, wie er derzeit besteht, einiger
Erweiterung bedarf, ja vielmehr dringend nötig hat, denn
auch für den Menschen gefahrdrohende Infektionskrank«
heiten, wie Milzbrand, Rauschbrund oder Rotz bei Rin<
dorn beziehungsweise Pferden können, wie uns die nicht
allzu ferne Vergangenheit lehrt, in irgendeinem Winke! des
umfangreichen Stadtgebietes jederzeit auftreten, und da»
her soll die Wasenmcisterei voll einsatzfähig sein.