Innsbruck Informiert

Jg.2000

/ Nr.3

- S.50

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Diese Ausgabe – 2000_Innsbruck_informiert_03
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Fortsetzung von Seite 21
hier noch Platz eingeräumt: Maria Elisabeth (1 743 1808), die Tochter Maria
Theresias, die Gouvernante von Tirol
oder kropfete Liesl, w i e sie von den
I n n s b r u c k e r / i n n e n liebevoll g e n a n n t
w u r d e , kam als Äbtissin dos von ihrer
Mutter gegründeten Damenstiftes nach
Innsbruck. O b w o h l ein „Versorgungsposten" für die ledig gebliebene Tochter, brachte sie zur Freude der Bevölkerung wieder etwas vom Glanz des bis
1665 als Residenzstadt fungierenden
Innsbruck zurück und waltete in der Hofburg ähnlich einer Landesfürstin. Ihre
Aktivitäten b e s c h r ä n k t e n sich j e d o c h
nicht nur auf das Repräsentieren, sie
gründete z. B. die 1804 eröffnete Impfanstalt in Innsbruck.
Natürlich w a r e n es nicht nur h o c h gestellte, adelige Frauen, die in Innsl i m i . k wirkten b z w . ihre S p u r e n hinterließen. F r a u e n , die gesellschaftspolitische W e i c h e n stellten, sind in Innsbruck vertreten, und ihre Verdienste
sind nicht hoch g e n u g einzuschätzen.
Bis zur Niederlassung der Ursulinen
in Innsbruck hatten M ä d c h e n w e n i g
C h a n c e n , eine g e d i e g e n e A u s b i l d u n g
zu erhalten. Dieser Bereich war d e m
privaten Leben vorbehalten, und nachd e m die Rollen für M ä d c h e n und junge Frauen in der G e s e l l s c h a f t vorwieg e n d noch auf das Dasein im Familie n v e r b a n d als E h e f r a u , M u t t e r u n d
„ H ü t e r i n des H a u s e s " beschränkt w a ren - dies zumindest in bürgerlichen
Kreisen -, hatten es die drei aus Landshut anreisenden S c h w e s t e r n des Ursulinenordens nicht leicht, ihr Ziel zu
v e r w i r k l i c h e n , n ä m l i c h ein Ursulinenkloster mit a n g e s c h l o s s e n e r S c h u le für M ä d c h e n zu g r ü n d e n . Nach langw i e r i g e n Verhandlungen und der S u che nach der g e e i g n e t e n Örtlichkeit
w u r d e aber d o c h am 10. S e p t e m b e r
1691 die Ursulinenschule in Innsbruck
> "H i l f n e t .

Bis zur Ausbreitung und Umsetzung
der Grundsätze der am Ende des 19.
Jahrhunderts einsetzenden Frauenbew e g u n g e n war es Frauen in erster Linie - mit einigen A u s n a h m e n - vorbehalten, auf sozialem Feld tätig zu werd e n . Aber auch sie beeinflussten das
öffentliche Bewusstsein und trugen dazu bei, dass Aufmerksamkeit auf bes t i m m t e soziale M i s s s t ä n d e gelenkt
u n d e n t s p r e c h e n d e M a ß n a h m e n ergriffen w o r d e n sind.
Als Beispiele in dieser Richtung soll

22

Josefine von S c h e u c h e n s t u e l ( 1 8 1 1 1887) genannt w e r d e n . Sie stiftete ihr
Haus samt dem dazugehörigen G r u n d
in der Museumstraße/Meinhardstraße
(abgebrochen 1979, heute der Komplex „Europahaus") zur Errichtung eines M ä d c h e n - , W a i s e n - u n d Erziehungshauses.
Als eine in Innsbruck tätige Frau, die
auf wirtschaftlichem Gebiet ein Signal
setzte, kann Thérèse Molk bezeichnet
w e r d e n . Mit 23 Jahren, 1905, erwarb
sie den G e w e r b e s c h e i n und machte in
W ö r g l ein eigenes Geschäft auf. Nach
ihrer Ü b e r s i e d l u n g n a c h I n n s b r u c k ,
1 9 0 9 , eröffnete die t ü c h t i g e G e schäftsfrau einige Jahre später wieder
ein eigenes Geschäft, kaufte dazu noch
die ehemalige M i l i t ä r b ä c k e r e i in der
Dreiheiligenstraße und richtete dort den
Hauptsitz der bis heute bestehenden
Lebensmittelfirma ein.
1907 promovierte die erste Frau an
der
Leopold-Franzens-Universität.
Adelheid Schneller w u r d e dafür zwar
kein Denkmal gesetzt, dass sie aber auf
die damalige Öffentlichkeit großen Eindruck machte und sicher so manche
Gleichgesinnte anspornte, bewiesen
nicht zuletzt Berichte in den lokalen Zeitungen. „Es ist mir eine w a r m e G e n u g tuung, Sie hier als erstes Fräulein Doktor zu begrüßen. Ich b e g l ü c k w ü n s c h e
an diesem Tage Sie, Ihre Familie, die
Universität und unser Volk. W i r wollen
die Tore der Wissenschaft weit auftun.
Es gilt, alte Vorurteile zurückzubeugen
und einer freien Auffassung der W e l t
und der Bildung den W e g zu öffnen",
waren damals die W o r t e des Rektors.
Ebenfalls im Jahre 1907 begannen in
Innsbruck Frauen der sozialdemokratischen Partei mit öffentlichen Auftritten
und Versammlungen. O b w o h l das allgemeine Wahlrecht für Frauen in Österreich erst 1918 eingeführt w u r d e , saß
bereits am 3 0 . Dezember 1918 Frau
Karoline W a g e n e d e r als Mandatarin im
Innsbrucker Gemeinderat. A m 28. A u gust 1919 hält sie als erste Frau in ihrer Funktion als Abgeordnete vor dem
Tiroler Landtag eine Rede zum Thema
„ H a m s t e r n von Lebensmitteln". A u c h
hier ging eine Signalwirkung aus: Im
Gemeinderat von 1919 saßen bereits
drei Gemeinderätinnen. Bei den G e meinderats-Ergänzungswahlen am 17.
Mai 1931 stellte sich sogar eine Frauenpartei (Wahlgemeinschaft der arbeitenden Frauen, Z w e i g Innsbruck) der
W a h l , konnte aber mit 726 für sie ab-

gegebene Stimmen kein Mandat erreichen.
Innsbrucker Frauen waren auch zu
allen Zeiten im W i d e r s t a n d gegen herrs c h e n d e Regime zu finden.
Die pfeifenrauchende Baronin Thérèse von S t e r n b a c h unterstützte wortund tatkräftig den Tiroler Aufstand gegen Bayern und Frankreich. Sie opferte sogar ihren Viehstand zur Verpfleg u n g der k ä m p f e n d e n Tiroler Soldat e n . Ihr M ü h l a u e r Ansitz diente
w ä h r e n d der W o c h e n der Kämpfe am
und rund um den Bergisel auch als geheimes W a f f e n l a g e r . Dies w u r d e ihr
schließlich zum Verhängnis, sie w u r d e
verhaftet und nach der Niederlage der
Tiroler als G e i s e l v e r s c h l e p p t . Erst
1810 konnte Thérèse von Sternbach
wieder nach Mühlau zurückkehren.
Die Jahre von 1938 bis 1945 waren
wohl - nicht nur w a s die Widerstandstätigkeit betraf - die gefährlichsten: Viele Innsbrucker Frauen riskierten durch
Informationsdienste, Hilfe für Kriegsgef a n g e n e und ähnliche „ D e l i k t e " eine
Haftstrafe oder gar ihr Leben und einige mußten dafür auch ins Gefängnis.
Der Kreis der Innsbrucker Künstlerinnen ist groß. Es sind viele Frauen,
die Hervorragendes geleistet haben.
A u c h hier gilt es für diese Zeilen eine
kleinste A u s w a h l zu treffen. S o sei an
Anna Maria Achenrainer ( 1 9 0 9 - 1 9 7 2 ) ,
die Lyrikerin, erinnert. Sie hat in Innsbruck ihren Lebensmittelpunkt gefunden und unter vielem anderen auch ein
Buch „Frauenbildnisse aus Tirol" geschrieben.
Eher u n b e k a n n t d ü r f t e a u c h sein,
d a s s A n n a Rosa Stainer-Knittel, die
Lechtalerin und einzige junge Frau, die
1 8 5 9 die M ü n c h n e r K u n s t a k a d e m i e
besuchen durfte, einige Jahre später in
Innsbruck eine Malschule für M ä d c h e n
gründete.
A b s c h l i e ß e n d sei darauf hingewiesen, dass nur eine Auswahl an Innsbrucker F r a u e n p e r s ö n l i c h k e i t e n dargestellt bzw. erwähnt w e r d e n konnte.
Es wäre j e d o c h sehr begrüßenswert,
sich dieser Thematik eingehender zu
w i d m e n , denn allein bei den Recherchen zu diesem Artikel sind Namen und
Daten zutage getreten, die einer weiteren Aufarbeitung bedürfen. Ohne
Zweifel ist es an der Zeit, daß Innsbrucker Frauen und ihre Schicksale ins
richtige Licht gerückt w e i d e n , und es
ist nicht g e n u g , ihnen nur Straßennamen zu w i d m e n !

INNSBRUCK INI ORMIKRT - MÄRZ 2000