Innsbruck Informiert

Jg.2000

/ Nr.1

- S.46

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VW,

IINNSBR

Geschichte und Zweck der
Neujahrsentschuldigungskarten
Die ältesten G l ü c k w u n s c h k a r t e n für
Neujahr gehen in die 2. Hälfte des 15.
Jahrhunderts zurück. D u r c h das Aufk o m m e n des H o l z s c h n i t t e s und d e s
K u p f e r s t i c h e s konnten die ursprüng-

enthoben waren. Daher kommt auch
die Bezeichnung als Enthebungskarten. Die durch die Neujahrsentschuldigungskarten g e w o n n e n e n Mittel wurden für die Bedürftigen der Stadt verwendet.

A u s d e m Stadtarchiv

Für I n n s b r u c k g a b e n G o u v e r n e u r
Karl Graf Chotek, Johann Graf T r a p p
und Herr von Payr im Jahr 1 8 1 9 den
Anstoß zu einer eigenen Neujahrsentschuldigungskarte. In Innsbruck ging
folgendes Rundschreiben von Tür zu
Tür: „ N a c h r i c h t an das P u b l i c u m .
S c h o n haben andere Städte der österreichischen Monarchie durch löbliches
Einverständnis der bisherigen Sitte entsagt, w e l c h e die G l ü c k w u n s c h - B e s u che zum neuen Jahre zur Pflicht machte. Es sind dafür Entschuldigungs-Karten eingeführt w o r d e n , zu deren Erlangung ein dem Armenfonde gewidmeter
kleiner Beitrag entrichtet w i r d . [...] Sie
e n t h e b t von der b e sonders in dieser Jahreszeit l ä s t i g e n A b stattung ceremonieller
B e s u c h e und öffnet
der s c h m a c h t e n d e n
Armuth eine früher unbekannte
Quelle
wohltätiger Unterstützung. [...] Innsbruck,
den 10ten D e c e m b e r
1819".

von DDr. Lukas M o r s c h e r
lieh kalligraphischen Blätter verhältnism ä ß i g billig vervielfältigt w e r d e n . Es
e n t s t a n d im Laufe der Zeit der B r a u c h ,
s o l c h e K a r t e n an F r e u n d e und B e k a n n t e , die auswärts w o h n t e n , zu versenden.
I m b e g i n n e n d e n 19. J a h r h u n d e r t
w u r d e es zunehmend als lästige Pflicht
e m p f u n d e n , persönlich die guten W ü n s c h e zum neuen Jahr allen Bekannten
u n d V e r w a n d t e n zu ü b e r b r i n g e n . Es
entwickelte sich die Idee, die NeujahrsG l ü c k w u n s c h k a r t e n nicht mehr nur zu

!&*•

• f

Die e r s t e d i e s e r
Karten im Tiroler Raum
erschien 1 8 2 0 in Innsbruck. Bereits 1821
f o l g t e n B o z e n , B r i x e n , Hall, M e r a n ,
S c h w a z und Trient. Z u Beginn w u r d e n
meist kleinformatige Lithographien mit
allegorischen Darstellungen der Hilfe
und Großzügigkeit oder christliche Motive verwendet. Meist war w e d e r Ort
noch Jahr angegeben, sodaß sie in allen Gemeinden und über mehrere Jahre vertrieben w e r d e n konnten.

Innsbrucker Neujahrsentschuldigungskarte
von 1846: Stadt
spital am Marktgraben. Original im Stadtarchiv Innsbruck.
v e r s e n d e n , s o n d e r n a u c h für
W o h n o r t gelten zu lassen.

den

Die Stadtverwaltung g a b eine solche
K a r t e g e g e n einen fixen Betrag aus.
D e r Käufer, der die Karte an seiner
H a u s - oder W o h n u n g s t ü r e anbrachte,
k o n n t e sie bereits ab 2 5 . Dezember
b e i m S t a d t m a g i s t r a t e r w e r b e n . Die
Blätter trugen handschriftlich die Numm e r im S p e n d e r v e r z e i c h n i s und den
N a m e n d e s E r w e r b e r s . Diese Verzeichnisse erschienen in den lokalen
Zeitungen, womit die Wohltäter von der
lästigen Pflicht der Neujahrsbesuche

22

Die Karte von 1820 trägt lediglich die
Aufschrift „ W o h l t h u n ist die schoenste
Sitte". Dargestellt ist eine Mutter mit einem kleinen Kind, die einer bettelnden
Frau eine G a b e reicht. A b dem Jahr

INNSBRUCK

1 8 2 6 trägt d a s Blatt d e n Schriftzug
„Stadt Innsbruck". Fur das Jahr 1842
w u r d e der Stahlstich „Die Zerstörung
Jerusalems" von J. Döbler benützt, der
bereits 1841 das Motiv der Karte von
Prag darstellte. Vor allem in kleineren
Gemeinden wurden
Druckstöcke
mehrfach v e r w e n d e t oder ein auswärtiges Motiv herangezogen, um die Kosten zu senken.
A b dem Jahr 1 8 4 5 , in dem das Ferdinandeum abgebildet w u r d e , w u r d e n
meist A n s i c h t e n von G e b ä u d e n in
Innsbruck h e r a n g e z o g e n , w a s diese
Karten bis heute zu sehr b e g e h r t e n
S a m m l e r s t ü c k e n macht. Viele dieser
Darstellungen sind die einzigen, die wir
von d e m betreffenden Objekt aus dieser Zeit haben. Hergestellt w u r d e n sie
u.a. von den lithographischen Anstalten
Josef Grader, Johann Krahvogl, C. A.
C z i c h n a u n d R e d l i c h . Die F o r m a t e
s c h w a n k t e n jährlich zwischen 12,5 x
15 cm (1820) und 5 0 x 6 7 cm (1884).
In den Jahren 1 6 6 1 , 1888, 1892 und
1 8 9 6 ersetzte m a n die Neujahrsentschuldigungskarte durch ein Häuserverzeichnis, d e m eine Sammlung der
behördlich genehmigten Tarife und eine D i e n s t b o t e n o r d n u n g a n g e s c h l o s sen war.
1898 w u r d e der Brauch für die damalige Stadt Innsbruck endgültig aufgelassen und d u r c h ein A d r e s s b u c h
der Stadt Innsbruck mit einem Anhang
v e r s c h i e d e n e r Tarife und Polizeiverordnungen abgelöst. Mit Ende des Ersten W e l t k r i e g e s trat an die Stelle der
kunstvollen Neujahrsentschuldigungskarte eine einfache Mitteilungskarte.
N e b e n I n n s b r u c k e r s c h i e n e n zwischen 1830 und 1913 in W i l t e n , zwischen 1851 und 1878 in Mariahilf, zwischen 1894 und 1935 in Hötting, zwischen 1846 und 1907 in Mühlau und
zwischen 1891 und 191 2 in Pradl teilweise unregelmäßig eigene Karten.
Heute gibt es keine einzige vollständige Sammlung aller Innsbrucker Karten. Das Stadtarchiv Innsbruck verfügt
jedoch über den größten Teil aller Karten, die in Innsbruck verschickt wurden.

INFORMIERT-JÄNNUR

2000