Innsbruck Informiert

Jg.1999

/ Nr.11

- S.45

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SINNSBR
Glockenguss - ein Ritual aus
Menschen, Feuer und Bronze
8. Oktober 1999, 16.15 Uhr. Noch 84 Tage und das Jahr 2000 beginnt. Am
Südring braust der Verkehr vorbei, ein Flugzeug ist im Landeanflug auf
Innsbruck. Beim Grassmayr in Innsbruck werden fünf Glocken gegossen. Die
Zeit scheint still gestanden zu sein. Ein Ritual, bei dem sich der in Bann gezogene Zuseher um Jahrhunderte zurückversetzt fühlt und das höchste Konzentration und Perfektion der Glockengießer voraussetzt.
mals mehr wurde der Guss einer
Glocke als Übergang vom toten Erz
durch das Feuer zu einem lebendigen
Musikinstrument treffender geschildert,
als in dem Gedicht „Das Lied von der
Glocke", das Friedrich Schiller vor
zweihundert Jahren geschrieben hat.
In kunstvoller Form beschrieb er dabei
drei Zyklen und verband sie miteinander: den Werdegang der Glocke, die
menschliche Lebensgeschichte von
der Geburt bis zum Tod und das gesellschaftliche Umfeld mit seinen wiederkehrenden Strömungen.
Für die Glockengießerei Grassmayr,
die heuer ihr 400-Jahr-Jubiläum feiert,
Anlass, Kammerschauspieler Helmut
Wlasak einzuladen, das Lied der
Kammerschauspieler Helmut Wlasak: „Das
Glocke vor dem Guss der fünf Glocken
Lied von der Glocke".
vorzutragen. Und Wlasak tat dies, mit
„Fest gemauert in der Erden steht einer Kraft und Intensität, nur verdie Form aus Lehm gebrannt. Heute gleichbar mit der Feuerhitze des
glühenden Metalls beim darauffolgenmuss die Glocke werden! Frisch Gesellen, seid zu Hand! Von der Stirne den Guss.
heiß, rinnen muss der Schweiß..." NieVon den am 8. Oktober gegossenen
Glocken war die größte für St. Georas große Geheimnis der
gen/im Lavanttal in Kärnten sowie zwei
Glockongießerkunst liegt
Glocken für Weißrussland und zwei für
in der Berechnung der
Kroatien bestimmt.
Gloekenrippo, welche in Form und
Die Glockengießerei Grassmayr beWandstärke der zukünftigen Glocke
steht seit 1599. Glocken aus Innsbruck
entspricht. Für die Klangqualität ist
läuten in über 100 Ländern und auf alneben dem Wissen über die
len Kontinenten dor Erde.
Glockenform auch besonderes
Altbischof Dr. Runhold Stecher hat
Know-how 7. B. über die Legierung, es aus Anlass der Feier zu seinem 75.
die Schmelz und Erstarrungszeiten,
Geburtstag als schönstes Erlebnis bedie Schrumpfkoeffizienten beim Erschriebnn, wenn or bei Wanderungen
starren des Metalls etc. erforderim Nordkettengebiet die Glocken von
lich. Damit die vorhandenen Töne
Innsbruck hcraufklingon hört. So sind
einer Glocke in ihrer ganzen Fülle
Glocken immer ein Symbol von Frieden
erklingen, bedarf es noch zusätzlich
und Freiheit sowie von christlicher Kulder exakten Abstimmung des getur. Sie erklingen „Soli Deo Gloria" (zur
samten Zubehörs, insbesondere
besonderen Ehre Gottes) und vermitaber der richtigen Dimensionierung
teln ein Gefühl von Zuhause sein.
des Klöppels.
(WW)

D

INNSBRUCK INFORMIERT - NOVEMBER 1999

Die Spannung wählend des Glockengusses
ist Christoph Grassmayr ins Gesicht geschrieben.
(Fotos: W. Weger)

Alle warten, noch ist die Legierung nicht
flüssig genug. Im Bild (v. I.) Bgm. Karl Markut aus St. Georgen im Lavanttal, wo künftig eine der gegossenen Glocken läuten
wird, Helmut Wlasak, Pfarrer Bruno aus St.
Georgen, Bgm. Herwig van Staa. Rechts,
Juniorchef Johannes Grassmayr.

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