Amtsblatt (der Stadt Innsbruck)

Jg.1948

/ Nr.12

- S.4

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Amtsblatt der Landeshauptstadt Innsbruck

leiten und ist auch vom Standpunkte der Seuchenbekämpfung ganz zu verwerfen.
§ 63. Freistehende Nebengebäude, Stöcklgebäude.
Die in den Höfen errichteten Stöcklgebäude sind oft
eine Quelle allerlei Belästigungen für die Bewohner
der betreffenden Häuserblocks. Sehr oft sind in denselben gewerbliche Betriebe untergebracht, welche
Lärm und üble Gerüche erzeugen. Auch der Rauch aus
den Heizungen dieser Stöcklgebäude bedeutet oft eine
beträchtliche Belästigung, bzw. Gesundheitsschädigung
der Nachbarschaft.
Ganz allgemein muß daher vom Standpunkt der
Bauhygiene verlangt werden, daß die Höfe in ausgesprochenen Wohnvierteln freibleiben sollen und Stöcklgebäude dort überhaupt nicht errichtet werden dürfen.
Betrachtet man die Bestimmungen des § 63 über
Stöcklgebäude näher, so mutz man sich die Frage vorlegen, welche baulichen Verhältnisse in den Höfen entstehen würden, wenn alle Grundbesitzer nach den Bestimmungen der I V O . solche Gebäude errichten würden. Wie würde das Innere eines Häuserblocks aussehen, wenn in jedem Hof Stöcklgebäude stehen würden, und zwar nach den Bestimmungen der I V O . ,
6 Meter vom Haupthaus und 3 Meter von der Nachbargrenze entfernt, soferne nicht schon bei einem Nachbargrund solche an der Grenze stehen, in welch letzterem Falle sie direkt an die Nachbargrenze gestellt werden können.
Dann ist hier die fchon erwähnte verhängnisvolle
Bestimmung enthalten, welche es der berufenen Behörde anHeim stellt zu entscheiden, ob ein Nebengebäude als Stöcklgebäudc oder als Anbau zu betrachten ist.
Diese allgemeine Bestimmung im Verein mit den
unzureichenden Bestimmungen des tz 46 über Hausund Lichthöfe bildet eben die Grundlage für eine derart intensive Verbauung der Grundstücke, welche auch
nicht mehr die primitivsten Forderungen für die gesundheitlichen Verhältnisse der Bewohner berücksichtigt.
H 65. Stallungen, Futterkammern, Mist-, Düngerund Jauchengruben.
Nach diesen Bestimmungen wäre es möglich, Stallungen in Kellern von Wohngebäuden unterzubringen
und über Stallungen Wohnungen zu errichten. Diese
Möglichkeiten gehören überhaupt ausgeschaltet. Stallungen und damit auch Dünger- und Mistgruben dürfen wohl nur unter ganz besonders günstigen Verhältnissen in freier Bauweise errichtet werden. Jedenfalls ist ein ausreichender Abstand von der Wohnung
unbedingt nötig. I n geschlossen verbaute Stadtteile
gehören Stallungen überhaupt nicht hinein.
§ 66. Wafserbeschaffung.
Die Bestimmungen dieser Gesetzesstelle sind vom
sanitären Standpunkt aus ganz unzulänglich. Es wird

Nummer 11-12

nur ganz allgemein gesagt,, daß in jedem Wohngcbäude für gutes, gesundes Trinkwasser Sorge zu tragen ist, sei es durch Anschluß an die bestehende öffentliche, sei es durch Anlegung einer eigenen Wasserleitung. Nur wenn weder das eine noch das andere möglich ist, dürfen Ziehbrunnen angebracht werden.
Bezüglich der Wasserbeschaffung wurden in den
Außenbezirken der Stadt einige ganz schwerwiegende
Fehler gemacht. Man hat größere Siedlungen zugelassen, ohne für einwandfreie Wasserzufuhr Sorge zu
tragen. Überdies sind diese Siedlungen nicht kanalisiert, sondern besitzen Sickergruben. Die Grundwasserentnahme erfolgt oft in bedenklicher Nähe der Sickergruben. Es ist daher Wohl eine selbstverständliche Forderung, daß vor Errichtung von Bauten die Frage der
Wasserbeschaffung und Abwässerbeseitigung einwandfreisichergestelltwerden muß.
Mangelhaft geregelt ist diese Frage auch insoweit,
als Wohl festgelegt ist, daß in jedem Wohngebäude für
Trinkwasser Sorge zu tragen ist, aber keinesfalls hiemit die unbedingte Notwendigkeit ausgesprochen ist,
daß die Wasserzuleitung auch in jede Wohnung zu führen ist. Ebenso wie der Abort, soll auch das Wasser innerhalb des Wohnungsverschlusses sein.
§73. Offene Bauweise.
§ 74. Abstand der Gebäude und Vorgärten.
§ 75 Höhe der Gebäude.
Hier wäre nun grundsätzlich in Erwägung zu ziehen,
ob der Abstand der freistehenden Häuser von der Nachbargrenze nicht doch etwas zu gering ist. Die Entfernung sollte von der Nachbargrenze so groß sein, als
das Gebäude hoch ist. wobei 5 Meter als Mindestentfernung zu gelten hätte. Leider hat man aber im Gegenteil auch schon die 5 Meter Entfernung als zu groß
befunden und dem Drängen einzelner nachgegeben.
Eine freistehende Bauweise, bei welcher die Entfernung von nur 5 Meter von der Nachbargrenze eingehalten wird, wobei das Gebäude selbst bis zu 14 Meter
hoch sein darf (§ 75), erfüllt feinen Zweck ja kaum
mehr und bildet auch einen kläglichen Anblick.
I m Vorstehenden wurde gezeigt, daß schwerwiegende Mängel in der Bauordnung enthalten sind, die
bei Erstellung einer neuen Bauordnung ausgeschaltet
werden müssen. Die Personen, welche maßgebend bei
der Ausarbeitung und Beratung der einzelnen Bestimmungen der neuen Innsbrucker Bauordnung mitwirken, sollten mehr, als es früher geschehen ist, das gesundheitliche Wohl der Bevölkerung im Auge behalten.
Man sollte sich, wie schon erwähnt, immer vor Augen
halten, daß der Mensch in der Stadt gezwungen ist,
den größten Teil seines Lebens in Wohn- und Arbeitsräumen zu verbringen. Es ist aus diesem Grunde eine
zwingende Notwendigkeit, daß diese Räume den gesundheitlichen Erfordernissen entsprechen. Die Forderungen der Bau- und Wohnungshygiene müssen an
erster Stelle berücksichtigt werden und dürfen durch
den Druck bedenkenloser Grund- und Bauspekulation
nicht geschmälert werden.