Amtsblatt (der Stadt Innsbruck)

Jg.1948

/ Nr.12

- S.2

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Amtsblatt der Landeshauptstadt Innsbruck

§ 6. Aussteckung neuer Straßenanlagen.
Hier wäre zu berücksichtigen, daß Straßenzüge, die
von Ost nach West oder von Süd nach Nord verlaufen,
ungünstige Verhältnisse für den Einfall des Sonnenlichtes in die Wohnräume ergeben. Besonders bei von
Osten nach Westen verlausenden Straßenzügen erhalten die nach Norden gerichteten Gebäudeteile überhaupt keine Sonne und entsprechend sind die nach
Norden gerichteten Räume sehr kalt. Der Verlauf der
Straßen von Süden nach Norden bewirkt,, daß die
Westseite der Häuser im Sommer ziemlich stark unter
Hitze zu leiden hat.
Straßenzüge sollen daher möglichst von Nordosten
nach Südwesten oder Südosten nach Nordwesten gerichtet werden, um einen gleichmäßigen Einfall des
Sonnenlichtes zu gewährleisten.
§ 17. Baubewilligung für gewerbliche und Industrieanlagen.
Hier ist wohl die Bestimmung enthalten, daß Bauführungen, die durch gesundheitsschädliche Einflüsse
die Nachbarschaft gefährden oder belästigen geeignet
sind, erst nach Entscheidung der Zulässigkeit derselben
nach der Gewerbeordnung bewilligt werden dürfen.
Aber wie sieht es in Wirklichkeit dagegen aus? Sehr
große, lärmende Betriebe wurden mitten in die Höfe
von Wohnvierteln hinein errichtet, Schnapsbrennereien,chemischeReinigungsanstalten, Kaffeebrennereien u. dgl. verpesten die Luft in den unmittelbar angrenzenden Wohnungen. Zu wiederholten Malen hat
sich das Gesundheitsamt auch mitunter im Verein mit
dem Bausachverständigen gegen die Errichtung solcher
Anlagen durch heftigste Stellungnahme ausgesprochen.
Aber schließlich wurde das Projekt doch trotz dieser
Einsprüche von amtlicher Seite und trotz des erbitterten Widerstandes der Nachbarschaft genehmigt. Sogar
die unmittelbare Nähe von Krankenanstalten scheint
kein Hindernis für die Errichtung gewerblicher Betriebe zu bilden.
Hier müßten klare, eindeutige Bestimmungen festlegen, daß Betriebe größeren Umfanges und folche,
welche mit Lärm und Geruchsbelästigung für
die Umgebung verbunden sind, in ausgesprochenen
Wohnvierteln nicht errichtet werden dürfen, wobei
auch besonders Rücksicht auf Schulen und Krankenhäuser zu nehmen ist.
Es wird viel zu wenig beacktet, daß Geräusche und
Lärm nicht nur belästigend, sondern gesundheitsschädlich wirken und zu einer Schädigung des Gefäß- und
Nervensystems führen. Auch der Verschlechterung der
Luft durch üble Gerüche, Rauch und Staub kommt
eine außerordentliche Bedeutung zu.
§ 30, Höhe der Wohnhäuser und Zahl der Stockwerke.
Der Lichteinfall und die Bestrahlung der Häuser
durch die Sonne ist in weitgehendem Matze von der
Höhe der Häuser und der Breite der Straße abhängig.
Der § 30 der Innsbrucker Bauordnung bestimmt
nun, daß die Höhe eines Wohnhauses nicht größer sein
darf als die Breite der Straße, in der es gelegen ist.
Hiezu ist zu sagen, daß bei Einhaltung dieser Be-

Nummer

stimmung die unteren Stockwerke der Häuser nur ungenügend belichtet sind. Um eine ausreichende Belichtung der unteren Stockwerke durch direktes Himmels"
licht zu gewährleisten, müßte die Straßenbreite mindestens eineinhalbmal so groß sein als die Höhe der
Häuser, wobei natürlich auch die Straßenrichtung, wie
schon früher erwähnt, eine wichtige Rolle spielt. Es
kann wohl eingesehen werden, nicht in allen Teilen der Stadt durchgeführt werden
kann. Aber wenigstens für die Außenbezirke sollte dies
mehr berücksichtigt werden. Aber auch das ist in vielen
Fällen nicht geschehen. Man hat auch in den äußeren
Stadtbezirken wie im Saggen und in manchen Teilen
von Pradl und Wilten außerordentlich hohe Häusergruppen gebaut, welche von den engen Straßen wie
von Schächten durchzogen werden. Man braucht sich
das Stadtbild nur von der Höhe aus zu betrachten, um
diese ganz widersinnigen Verbauungen zu erkennen.
Tie Häuser sollten doch gegen die Peripherie der Stadt
niedriger werden und die Straßen breiter. Gerade das
Gegenteil wird man an manchen Stellen sehen. Allerdings gibt es auch wieder schön angelegte Wohnviertel
wie die Südtiroler Siedlungen mit breiten Straßenzügen, niedrigen Häusern und großen, unverdauten
Höfen.
Die Stadtplaner sollten sich mehr vor Augen halten, daß es hier um das kostbarste Gut geht, um die Gesundheit der Bewohner. Wenn man bedenkt, daß die
meisten der Stadtbewohner gezwungen sind, den größten Teil ihres Lebens innerhalb geschlossener Räume
zu verbringen, dann wird die Forderung nach genügend Licht und auch Sonnenbestrahlung der Wohnund Aufenthaltsräume um so eindringlicher erscheinen.
§ 31. Höhe der Stockwerke und Wohnungsbestandteile.
Die Höhe der Wohnräume mit 2.90 Meter ist als
ausreichend zu bezeichnen. Unter besonderen Verhältnissen könnte auch eine niedrigere Raumhöhe von
2.70 Meter noch als ausreichend betrachtet werden.
Absatz 3 dieses tz besagt: Aus Gesundheitsrücksichten
darf kein Wohnraum unter 14 Quadratmeter Fläche
erhalten; Küchen und Dienerzimmer dürfen nicht unter 10 Quadratmeter groß fein. Dazu wäre auch nicht
viel zu sagen. Nun kommt aber der verhängnisvolle
vierte Absatz: Jeder derartige Raum muß mindestens
ein in das Freie oder in ein Stiegenhaus führendes
Fenster haben, um entsprechend gelüftet werden zu
können. Es sind also nach der Bauordnung auch Wohnräume mit Fenstern in das Stiegenhaus zulässig. Dabei ist es nicht klar, ob sich dies nur auf Küchen und
Dienerzimmer oder überhaupt auf alle Wohnräume
bezieht.
Die Bestimmung, daß Wohnräume mit ins Stiegenhaus gehenden Fenstern versehen werden dürfen,
kann in einer künftigen Bauordnung Wohl nicht mehr
aufgenommen werden. Daß joder Wohnraum ein direkt ins Freie gehendes Fenster haben muß, ist eine so
selbstverständliche Forderung, daß dieselbe einer näheren Begründung kaum mehr bedarf. Wenn auch von
manchen Bauherren und Baumeistern von dieser Bestimmung der Innsbrucker Bauordnung kein Gebrauch gemacht wird und auch Dienstbotenräume mit