Innsbruck Informiert

Jg.1998

/ Nr.6

- S.46

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INNSB
Die Grafen von Andechs - zum Gedenken
an Innsbrucks Gründer (1248 - 1998)
Am 19. Juni 1248, also vor genau 750
Jahren, verstarb in seiner Burg Niesten bei
Weismain Herzog Otto II. von AndechsMeranien. Mit ihm erlosch der Mannesstamm dieser Dynastie, welche rund 150
Von Stadtarchivdirektor
SR. Univ.-Doz. Dr. Franz-Heinz Hye
Jahre lang das politische Bild Mitteleuropas mitgeprägt hat. Ihre Stammheimat
waren die Burg Andechs hoch über dem
Ostufer und Kloster Diessen am Südufer
des Ammersees in Bayern. Von dort aus
betrieben sie eine immer weiträumiger
werdende Territorialpolitik, welche weitgehend von Heiraten, Kirchenvogteien sowie durch ein Naheverhältnis zu Kaiser
Friedrich I. Barbarossa geprägt war. Ihr
ältestes Standbein im späteren Tirol war
die Herrschaft Amras vom Voldertal südwestwärts bis Ellbogen. Erbschaften
brachten ihnen - nach den Grafen von
Formbach - die Grafschaften Neuburg,
Schärding und Windberg an Donau und
Inn - nach Graf Reginbot von Wertheim in Ergänzung zur Herrschaft Plassenberg,
die Herrschaften Giech und Lichtenfels im
Zweimainland ein. Von entscheidender
Bedeutung wurde das Zusammenspiel
der Brüder Berchtold III. und Otto. Letzterer regierte zunächst von 1165 bis 1170
als Bischof von Brixen das geistliche Fürstentum oder »Hochstift« Brixen und waltete anschließend von 1170 bis 1196 über
das mächtige Hochstift Bamberg. Als
Fürst von Brixen verlieh er seinem Bruder
die Grafschaften im Inn-, Eisack- und Pustertal, Fürstbischof von Bamberg konnte er ihm Vogteirechte im dortigen Hochstiftsbereich übertragen. Der so zu bedeutender
Macht
aufgestiegene
Berchtold wiederum vermochte von Kaiser Friedrich I. 1173 mit der Verleihung
der Markgrafschaft Istrien den Aufstieg in
den Reichsfürstenstand zu erlangen,
während sein gleichnamiger Sohn,
Berchtold IV., 1180 zudem die Herzogswürde von Meranien bzw. Dalmatien verliehen erhielt. Durch die Heirat von dessen Sohn, des Herzogs Otto I., mit Beatrix von Burgund wurde dieser überdies
noch Horr über die Pfnlzgrnfsohaft Burg-

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Reitersiegel Berchtolds IV., Herzogs von Andechs-Meranien, an der um 1188/89 ausgestellten Erneuerung des Tauschvertrages von 1180.
Original im Stiftsarchiv Wüten. Foto: F. H. Hye

und. Endlich haben zwei weitere Andechser Bischöfe von Bamberg, Eckbert
(-1237), der Erbauer des berühmten Domes, und Boppo (-1242 ) sowie der Patriarch Berchtold von Aquileia (-1251)
wesentlich zur weiteren Konsolidierung
der Macht dieser Dynastie beigetragen.
In der angeführten Reihe waren es vor allem Berchtold III. und IV., die namentlich
im Zweimainland und an der Brennerstraße einen systematischen Ausbau ihrer Herrschaft durch eine gezielte Burgen- und Städtepolitik betrieben. Abgesehen von Istrien, Dalmatien und Burgund, wo die Andechser andere Voraussetzungen antrafen, worauf hier nicht eingegangen werden kann, bildeten sowohl
im Tiroler Raum als auch im Zweimainland zuerst Burgen die Ausstrahlungspunkte ihrer Politik. In Tirol gilt dies vor
allem für Amras, Matrei und dio Michelsburg ober St. Lorenzen, im Zweimainland hingegen für die Plassenburg ober
Kulmbach, Lichtenfels, die Giechburg
ober Scheßlitz sowie für Coburg und die
Burg Niesten in der Nähe von Weismain.
In der Nähe oder zu Füßen dieser Burgen kam es dann zur Entwicklung oder
Anlage von Märkten und Städten.
Während in Weismain und Hof dioso

Weiterentwicklung gesichert erst nach
dem Aussterben der Andechser (1248)
nachweisbar ist, können diese Dynasten
in Innsbruck (seit 1165/80), Lichtenfels
(1206), Scheßlitz (1230) und Bayreuth
(1231) sowie in Diessen (1231) - hat später den städtischen Rang wieder verloren
-, Coburg (um 1240) und Kulmbach (vor
1249) als Stadtgründer nachgewiesen
werden. Wie aus dieser Auflistung ersichtlich wird, steht Innsbruck am Beginn
der Städtepolitik der Andechser, initiiert
durch Graf Berchtold III., seit 1173 Markgraf von Istrien, der als erster den entscheidenden, beispielgebenden Schritt
in Ergänzung der Burgherrschaft zur
Städtegründungspolitik getan hat. Daß
er dies gerade hier in Innsbruck mit der
gleichzeitig mit dem ersten Brückenschlag erfolgten Marktgründung links des
Inn praktizierte, weist ihn überdies als begabten Goopolitikcr aus, der als erster die
Bedeutung und Möglichkeiten einer Innbrücke an dieser Stelle erkannte! Am Ende dieses städtegeschichtlich dominierten Gedenkens sei auch der hl. Hedwig
von Schlesien (1174-1243), einer Tochter Berchtolds IV. und der hl. Elisabeth
von Ungarn-Thüringen (1207-1231),
einer Enkelin desselben gedacht.

INNSBRUCK INI ORM1HRI - JUNI 1998