Innsbruck Informiert

Jg.1996

/ Nr.12

- S.54

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INNSBR

Peter Kreuder und das
Innsbrucker „Reichsgautheater"
Anläßlich der Gestaltung der gegenwärtigen
Stadtarchiv-Ausstellung
„Theater in Innsbruck" bescherte uns
Frau Irma Siegert (München), die Witwe des einstigen Innsbrucker Bühnenbildners, des aus München gebürtigen Hans Siegert ( 1910 - 1983 ), in
zweifacher Weise große Überraschungen. Einerseits übereignete sie
Von Stadtarchivdirektor
Univ.-Doz. Dr. Franz-Heinz Hye
dem Stadtarchiv zwei Wochen vor der
Ausstellungseröffnung am 29.Oktober
als großzügige Schenkung rund 200
Original-Bühnenbild-Entwürfe ihres
Gatten und andererseits übergab sie
dem Verfasser unmittelbar vor der
Eröffnung eine Art Schärpe. Diese hatte der bekannte Operetten-Komponist
Peter Kreuder (1905 - 1981 ) - wie auf
dem betreffenden Bande zu lesen steht
- anläßlich der „Großdeutschen Erstaufführung „ seiner Operette Der Zerrissene ( nach der gleichnamigen Posse von Johann Nestroy ) am „Reichsgautheater Innsbruck" am 26.September 1942 „dem einfallsreichen Bühnenbildner" seines Stückes, Hans Siegert, überreicht. Dieses in seiner Art für
Innsbrucker Verhältnisse zweifellos als
selten zu bezeichnende Textile sollte
sich bei näherer Betrachtung als eine
für die Innsbrucker Theatergeschichte
sehr aufschlußreiche Quelle erweisen.
Seiner Form nach ähnelt dieses rotseidene, mit Goldschrift bedruckte,
16,5 cm breite Seidenband an eine
Kranzschleife und ist auch tatsächlich
in Verbindung mit einem kleinen Gebinde überreicht worden. Inhaltlich erinnert es an ein bislang in Vergessenheit geratenes Ereignis der Innsbrucker
und auch der deutschen Theatergeschichte, welches am 26.September
1942 unter der „Stabführung" des damaligen Intendanten M.A.Pflugmacher
über die Bühne des Innsbrucker Theaters ging. Diese Aufführung bildete zugleich die Eröffnung der Winterspielzeit
1942/43 und wurde in den „Innsbrucker Nachrichten" des folgenden

22

Tages mit einem
ausführlichen Bericht gewürdigt.
Abgesehen vom
Bericht über den
„Zerrissenen"
selbst enthält dieser Bericht weitere für die Innsbrucker Theatergeschichte wissenswerte Details. Einerseits
hören wir darin,
daß es damals
auch in Innsbruck
Brauch war, verdiente Mitglieder
des Ensembles
durch die Ernen- Die zumindest in den Jahren 1941/45 titellose Fassade des Lannung zum Ehren- destheaters auf einem Foto von A. Sickert mit der hineinmontierten
(Original-Abdruck im Stadtarchiv).
mitglied des Thea- Fassadenaufschrift.
ters zu ehren. Diese Auszeichnung ten die selbstverständlich gleich nach
wurde am 26. September 1942 der
der Ausstellungseröffnung vom VerSchauspielerin Gisela Ott zum Dank fasser durchgeführten Recherchen
für ihre 25-jährige Mitgliedschaft zum
über dieses Theaterereignis jetzt auch
Ensemble des Innsbrucker Theaters die Klärung der bis dato im Detail noch
zuteil und wurde - den Zeitumständen offenen Frage, wann und von wem unentsprechend - namens des dienstlich ser Theater damals den Titel eines
verhinderten „Gauleiters und Reichs„Reichsgautheaters,, erhalten hat. In
statthalters „des Reichsgaues Tirol - der von Franz Hölbing redigierten FestVorarlberg, Franz Hofer, ausgespro- schrift „Theater in Innsbruck „( 1967,
chen.
S.130 ) findet sich dazu zwar bereits
Überdies ist dem betreffenden Be- der Hinweis auf die „Beförderung zur
richt der „Innsbrucker Nachrichten" zu Reichsgaubühne im Herbst 42", die
entnehmen, daß die genannte „Groß- exakte Titeländerung aber konnte erst
deutsche Erstaufführung" von Peter jetzt dank des Hinweises auf den vergessenen „Zerrissenen" eruiert werKreuders „Zerrissenem" den besonderen Rahmen dafür gegeben hat, daß den. In diesem Zusammenhang sei
der stellvertretende Gauleiter „Pg." (= auch auf zwei von Frau Irma Siegert Parteigenosse) Parson „die Erhebung auch sie selbst ist ausgebildete und
noch heute aktive Künstlerin - entworunseres Landestheaters zum Reichsfene
Theaterplakate von 1941 und
gautheater" verkünden konnte, welche
1942
- in der Ausstellung - hingewieNamensänderung „auf Veranlassung"
sen,
auf
deren ersterem das Haus am
des Gauleiters vollzogen worden ist.
Rennweg
als „Landestheater" auf dem
Die dem Stadtarchiv von Frau Irma
zweiten
aber
- vom Dezember 1942 Siegert übergebene Schleife lieferte
bereits
offiziell
als „Reichsgautheater
somit durch die darauf befindlichen An„tituliert
erscheint.
Der Fassade des
gaben sogar in zweifacher Weise wichHauses
am
Rennweg
blieb dieser Titel
tige Hinweise zur Innsbrucker Theaallerdings
erspart
und
kann dort nur
tergeschichte. Einerseits gilt dies in Beauf
der
hier
beigegebenen
damaligen
zug auf diese bislang vergessene „ErFotomontage
bewundert
werden.
staufführung". Andererseits erbrach-

INNSBRUCK INFORMIERT - DEZEMBER 1996