Innsbruck Informiert

Jg.1996

/ Nr.9

- S.50

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Erschreckende Zunahme des
Vandalismus in Innsbruck
Seit einiger Zeit vergeht kaum ein
Monat, in dem nicht ein öffentliches
Denkmal willkürlich beschädigt oder
verunstaltet wird. Dabei ist das Ausmaß dieser Vandalenakte höchst unterschiedlich, jedoch ist jedes dieser
Verbrechen gegen das städtische Gemeinwesen, gegen unsere bürgerliche
Gemeinschaft, stets unbegreiflich und
unverantwortlich.
Erstrahlt ein Gebäude, sei es ein ziviles Amtsgebäude, eine Kirche oder
eine Kapelle in erneuertem Anstrich,
folgt fast regelmäßig dessen Verunstaltung mittels Spraydose. Wird ein
Von Stadtarchivdirektor SR.
Univ.Doz. Dr. Franz-Heinz Hye
Wegkreuz renoviert, dauert es nicht
lange, und sein Corpus wird herabgerissen, oft sogar zertrümmert. Auch
Heiligenfiguren in kapellenartigen Bildstöcken werden mit Brachialgewalt
aus ihrer Halterung gebrochen und auf
den Straßenboden, manchmal sogar
von Brücken in die Tiefe geschleudert,
- oder aber sie werden sachverständig
gestohlen und wandern auf den
Schwarzmarkt.
Bisher hat sich die Stadt bzw.
das seit 1994 hiefür zuständige Stadtarchiv bemüht, diese Schäden wieder
beheben zu lassen, doch werden die
hiefür aufzuwendenden Mittel immer
erheblicher, da gewisse Kreise von
Vandalen und Chaoten regelrecht darauf warten, die restaurierten Objekte
neuerlich zu beschädigen. Als besonders schmerzhaftes Beispiel hiefür seien die bronzenen Standarten beim Rudolfsbrunnen am Bozner Platz angeführt, die bald nach ihrer kostspieligen
Rekonstruktion abermals demoliert
und zum Teil entwendet worden sind.
Wie aus diesem und zahlreichen
ähnlichen Beispielen ersichtlich, richtet eine kleine Gruppe von asozialen
Elementen am laufenden Bande erhebliche Schäden an, die hierauf
pünktlich von der Stadt mit dem Steuergeld ihrer Bürger behoben werden,
womit das „Spiel" von neuem beginnt.
So kann und darf es nicht mehr wei-

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Die Brunnensäule des Pradler Platzbrunnens, deren St.Floriansstatue ein Opfer brutalen Vandalismus wurde (F.: F. Eliskases)

ter gehen! Es ist daher zunächst das
Anliegen der Stadt die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit und der Medien
auf diese argen Mißstände zu lenken,
unter denen die städtischen Finanzen
ebenso leiden wie das Bild unserer
Stadt.
Der Katalog nur der größten Schäden ist erschreckend: Dem Bischofsstab des hl. Vigilius von Trient an der
Ostseite der Annasäule wurde die vergoldete Krümme entwendet; - bei den
um teures Geld erneuerten Bronzeplastiken an der Brunnenschale des
Leopoldsbrunnens vor dem Stadtsaal
wurden der Dreizack des Neptun und
der Spieß der Diana gestohlen,
während das Geweih des von ihr gehaltenen Hirsches gewaltsam völlig
verbogen worden ist. Daß die erneuerten Standarten des Rudolsbrunnens
am Bozner Platz bis auf eine entwendet und demoliert worden sind, wurde
bereits erwähnt. Überdies wurden dort
die Augen der betreffenden BronzeGreifen mit rotem Spray entstellt. Weiters anzuführen sind hier die zertrüm-

merten Wegkreuze in Amras und
Pradl sowie eine erheblich beschädigte Johann Nepomuk-Statue im Bildstock bei der Wiltener Sillbrücke.
Der bisher letzte Vandalenakt galt
der vom einstigen Innsbrucker Kaufmann und Mäzen Hans Hörtnagl gestifteten St.Florians-Holzplastik am
Pradler Platzbrunnen, die in einer ersten Aktion beschädigt und wenig später, in der Nacht zum 14. Juli, vollends
von der Brunnensäule zu Boden gestürzt worden ist. Bedauerlicherweise
haben die Medien - abgesehen von der
Veröffentlichung der betreffenden kriminalpolizeilichen Meldung (in der TT
am 23. Juli )- dazu kaum Stellung genommen. Wie anders war die Reaktion
gewisser politischer Kreise und mancher Medien, als eine provozierend am
Abend vor dem Herz-Jesu-Sonntag auf
dem Platz vor der Jesuitenkirche aufgestellte Klosettschalenplastik durch
Organe der Stadt entfernt worden ist.
Freilich, die lebenden Urheber zeitgenössischer Denkmäler und Plastiken und anderer Werke können sich
wehren, unsere bereits historischen
Denkmäler und Bauten aber sind dem
Vandalismus nihilistischer Chaoten
schutzlos preisgegeben, wenn sie
nicht von uns allen geschützt werden.
Mag sein, daß in unserer Gesellschaft
nicht mehr jeder jenen Bezug zu diesen Werken der profanen und sakralen Kunst empfindet, den unsere Vorderen dazu empfunden haben, doch
auch dem distanzierten Mitbürger sollte es bewußt sein, daß es in erster Linie unsere historischen Denkmäler und
Bauten sind, die den Tourismus und
damit unsere Wirtschaft beleben. Lassen wir sie weiter durch eine kleine
Gruppe von Vandalen beschädigen
und beschmutzen, so schädigen wir
uns nur selbst, - und ungebremster
Vandalismus führt - wie wir leider aus
jungen und jüngsten Vorfällen wissen
- alsbald zu menschenverachtender
Brutalität. Eine derart geprägte Visitenkarte aber wirkt nicht besonders
einladend auf den so heiß ersehnten
Gast.

INNSBRUCK INFORMIERT - SEPTEMBER 1996