Amtsblatt (der Stadt Innsbruck)

Jg.1947

/ Nr.8

- S.4

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Amtsblatt der Landeshauptstadt Innsbruck

Seite 4

ders in letzter Zeit die Kraulcncrnährung, indem für
die Herstellung derselben oft nichts anderes als Vrotmehl zur Verfügung stand.
I m ganzen bot also die Ernährnngolage lein erfreuliches V i l d und eo ist verständlich das; dadurch ungünstige Auswirkungen aus die ArbeitofähiglVit und
auch auf die Arbeitsfrcudigkeit hervorgerufen werden.
"Auch eine vermehrte Anfälligkeit gegenüber Erkrankungen ist dadurch zweifellos gegeben.
Neben diesen verhängnisvollen Auowirkungen der
Unterernährung werden Tausende von Familien noch
durch schlechte Wohnverhältnisse in ihrer Gesundheit
geschädigt. Viele Familien wohnen in an und für sich
schon gcsuudheitsschädlichen Räumen, dazu kommt
noch die llberfüllung derselben durch eigene Familienmitglieder uud oft auch durch Zwangscinquartierungen
fremder Personen, die in vielen Fällen zu einer derartigen Störung des häuslichen Friedens führen, die
einer Gesundhcitsschädigung gleichzusetzen ist.
Dazu kommen noch mangelhafte Beheizung, mangelhafte Kleidung, Geldmangel und, was nicht zu vernachlässigen ist, auch vermehrte seelische Belastungen
vieler Menschen, alles Umstände, welche in vielen
Fällen summiert ganze Familien einem unsagbaren
Elend ausliefern.
Um diese die Volksgesundheit bedrohenden Gefahren zu mildern, werden ja durch großzügige Hilfe vom
Auslaudc, besonders von der benachbarten Schweiz,
Nahruugsmittcl in großen Mengen zur Verfügung
gestellt. Tausende von Schulkindern erhalten durch
mehrere Wochcu täglich eine kräftige Jause, für besonders Schwache sind hochwertige Nährpräparate zur
Verfügung gestellt, Speck- und Zuckcrspcndcn werden
an die Bevölkerung verteilt, wobei auch die armen
alten Vente nicht vergessen werden. Wie wertvoll diese
Zuweudungcn sind, läßt sich gar nicht genug hervorheben. S i e sind sicher in vielen Fällen imstande,
dauernden Schaden für die Gesundheit zu verhindern.
I I . Infektionskrankheiten.
I m Jahre 1946 ist die große Flüchtlingsbewegung
wohl etwas zurückgegangen, aber immerhin waren
noch zahlreiche Flüchtlinge in der Stadt, und zwar auch
in Massenqnartieren unter den schlechtesten Verhältnissen. Auch viele Heimkehrer sind wieder zurückgekehrt
uud so war die Gefahr einer Einschleppung von I n fektionskrankheiten noch eine sehr große. Neben Flcckficbcr war besonders die Verbreitung von Darminfektionokrankheiten, Typhus und Ruhr zu befürchten.
Fleckficbcrfall ist glücklicherweise keiner mehr aufgetreten, wohl aber einige Fälle von Ruhr und Typhus.
Nachstehend wird eine Zusammenstellung der wichtigsten Infektionskrankheiten gegeben:
Scharlach

Diphtherie

Typhus

. "1"
116

1

4

247

Kinderlähmung

Nichr

26



^nngont>ibei"liil,iso

"1"

18
^

1
Erkrankung

17



533
"odeofall

36

Nummer 8

Scharlach und Diphtherie zeigen gegenüber dem Vorjahre ziemlich die gleiche Zahl von Erkrankuugen. Dagegen ist bei Diphtherie die Sterblichkeit wesentlich geringer als im Vorjahre und beträgt l.ll Prozent gegenüber "">.!» Prozent im Jahre l!>!5. 90 Prozent der an
Diphtherie Erkrankten und sämtliche an Diphtherie
Verstorbenen waren gegen Diphtherie nicht schntzHcimpft. Wenn die restlichen !0 Prozent trotz durchgeführter Impfnngen an Diphtherie erkrankten, so spricht
dies nicht gegen den Wert der Schutzimpfung. Wenn
man noch dazu den Zeitpunkt der Schutzimpfung dieser
an Diphtherie erkrankten geimpften Kinder feststellt,
fo zeigt sich, daß bei den meisten die Impfung mehr
als drei Jahre zurücklag uud bei anderen wieder die
Impfung nur einmal durchgeführt wurde. Um einen
ausreichenden Impfschutz zu erzielen, sind eben zwei
Impfungen nötig, die in einem Abstand von vier Wochen vorgenommen werden sollen. Viele Eltern haben
dies trotz wiederholter nnd in jedem Falle sogar persönlicher Aufforderung uuterlassen. Writers steht auch
fest, daß der Impfschutz nickt unbegrenzt lange nach
der Impfnng andauert. Wie lange der Impffchntz anhält, ist nicht einwandfrei bestimmt. Jedenfalls ist so
viel sicher, daß er nur eine beschränkte Anzahl von
Iabren wirksam ist.
Von Darminfektionskrankhciten kamen 26 Typhusund 17 Rnhrfälle zur Beobachtung. Die Tvphusfälle
verteilen sich vereinzelt über das ganze Jahr mit einer
auffallenden Häufung von elf Fällen im A p r i l . Die
Infektionsquelle lag bei der Mehrzahl der Fälle in
Südtirol oder I t a l i e n . Die 17 Ruhrfälle waren auf
die Mouatc März bis J u l i beschränkt.
Große Sorge bereitete die in den Herbstmonatcn
August bis November aufgetretene Kinderlähmung.
Es wurden im ganzen l>^ Fälle beobachtet mi! einem
Todesfall. Von den zurückgebliebenen 17 Erkrankung?fällcn sind zwölf ohne Rcstzustand ausgeheilt, während
bei fünf wahrscheinlich für ihr ganzes ^eben Zähmungen, hauptsächlich au den Beinen und Armen, zurückbleiben werden. Die Erkrankuug befiel hauptsächlich
Kinder, von denen das jüngste 20 Monate alt war.
Auch fünf Erwachsene im Alter von 18 bis 39 Jahren
sind erkrankt.
Die größte Zahl von Infektionscrkrantnngofällen
betraf die Tuberkulose. 533 Fälle von Lungentuberkulose, 12 Fälle von Tuberkulose anderer Organe und
!> Hauttuberkulosen wurden angezeigt, im ganzen "»!-> l
Tuberkuloseerlrankuugen. Die Tuberkulose als die
häufigste Infektionskrankheit wird dann noch bei den
Todconrsachen näher besprochen.
Über die Geschlechtskrankheiten lassen sich eigentlich
verläßliche Zahlen nicht geben, da eine allgemeine Anzeigepflicht nicht besteht. Immerhin wurdeu 302 Fälle
von Gonorrhoe und 152 ^uesfalle angezeigt. Bedenkt
man, daß dieo durchschnittlich nur solche Fälle sind, die
irgendwie ausfällig gewordeu sind, sei es, daß sie div
Behandlung unterbrochen haben oder im besonderen
Verdacht der Wcitervcrbrcitung der Krankheit standen,
so läßt dies schon einen gewissen Schluß auf die tatsächliche Häufigkeit der (^Geschlechtskrankheiten >u.
Fortsetzung folgt.