Innsbruck Informiert

Jg.1996

/ Nr.8

- S.6

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Ein bunter
Reigen um
Kaiser
Maximilian
und sein
Goldenes
Dachl
500 Jahre Goldenes Dachl: Innsbruck feierte dieses Jubiläum mit der
Eröffnung einer Schatzkammer für
Kaiser Maximilian und zahlreichen
weiteren Events

Schütze beim Goldenen Dachl vorbeigegangen und hatte reichlich Gelegenheit, es zu belauschen. So zum
Beispiel als es ihm flüsterte, daß es
sich als ein alter Europäer fühle und stolz
darauf sei, daß der rot-weiß-rote Bindenschild nicht weniger als zehnmal auf
ihm abgebildet ist: „Besonders stolz bin
auf diesen Bindenschild seit jenen Tagen, als die häßlichste Fahne verschwand, die je an mir herunterhing und
über diesem Lande wehte". Und dann
bezugnehmend auf die Gegenwart:
„Wenn der rot-weiß-rote Bindenschild,
nicht identisch bleibt mit Redlichkeit und
Rechtlichkeit, Solidarität mit den Schwachen, politischer Kultur und einem Augenmaß an die eigenen Ansprüche wenn sich das alles nicht um den rotweiß-roten Schild schlingt und aufblüht
wie das gotische Rankenwerk, dann
nützt alles jubilierende Fahnenschwingen nichts".
Auch an einen besonders schwarzen
Tag in der Geschichte des Goldenen
Dachls erinnerte Bischof Stecher: „Man
schrieb den 25. Februar 1536. Da
brannte unmittelbar vor mir ein Scheiterhaufen. Und auf ihm verbrannte ein
Mensch: Jakob Huter. Er hat zu denen
gehört, die in einer aufgewühlten, verunsicherten und religiös verkommenen
Zeit das Evangelium sehr radikal auslegten. Da verbrannten auch die Achtung vor dem Gewissen, die Menschenrechte und die christliche Liebe und darum kann ich dieses Feuer nicht
vergessen. Vielleicht könnt Ihr Euch jetzt
vorstellen, wie ich mich über Feuerzeichen anderer Art gefreut habe, als vor ein
paar Jahren tausend Kerzen vor mir
brannten, als Zeichen gegen Fremdenhaß, Intoleranz und Ausgrenzung.
Bischof Stecher äußerte, für das Goldene Dachl sprechend, auch einen Geburtstagswunsch: „Wenn ich nach Sü-

den schaue,
über
die
Straßen hinweg zur Series und den blauen Bergen, die mein
kaiserlich königlicher Erbauer so geliebt
hat, dann bitte ich um eins: verbaut mir
diesen wunderbaren Blick nach Süden
nicht mit weiteren Architekturrülpsern.
Das Bisherige genügt."
Am Ende seiner Ansprache erinnerte
Bischof Stecher an zwei Lieder, die in
Innsbruck entstanden sind: „Innsbruck
ich muß dich lassen" von Heinrich Isaak
und das Kirchenlied „Maria breit den
Mantel aus". Während das Lied von
Isaak in seiner bewegenden Zuneigung
zur Heimatstadt eine Hymne der Heimatliebe sei, komme das Kirchenlied einer „Hymne der großen Geborgenheit
des Vertrauens" gleich. Hymnen, die „mit
der Tiefe des Gemüts und der Gläubigkeit alle schrillen Töne der sogenannten
Aktualität überleben" und, dem Wunsch
des Golden Dachls entsprechend, in den
Herzen und Sehnsüchten der Menschen weiterklingen sollen.
Auch bei der Festmesse anläßlich des
200 Jahr-Jubiläums des Herz-JesuGelöbnisses mahnte der Bischof zu
Solidarität und Einfühlungsvermögen für
den Mitmenschen: „Wahre Herz-JesuVerehrung muß Bemühen um Solidarität
sein, um ein menschengerechtes Zusammenleben, mit besonderem Engagement für die Schwächeren". Sonst
komme wieder die Stunde der Radikalisten und der Rattenfänger, gab Stecher
zu bedenken.
Bundespräsident Dr. Thomas Klestil
betonte in seiner Ansprache, daß es eine gute Entscheidung gewesen sei, das
Millennium Österreichs mit dem Goldenen-Dachl-Jubiläum zu verknüpfen und
sah darin letztlich auch eine Erkenntnis
und ein Bekenntnis Tirols und seiner

Landeshauptstadt zu Österreich.
Während Landeshauptmann Dr. Wendelin Weingartner die Innsbrucker ermutigte, Zuversicht zu haben und „neue
Dachin zu bauen" hob Bürgermeister Dr.
Herwig van Staa die Bedeutung des Goldenen Dachls als Symbol einer Epoche
hervor, die den Wechsel vom Mittelalter
zur Neuzeit dokumentiere und, indem er
einen Brückenschlag in das Innsbruck
von heute machte: wenn man in Innsbruck Spatenstiche für neue Wohnungen, Studentenheime, Kindergärten und
Sportanlage tätige, sei dies auch ein zukunftsgestaltender Beitrag für die Menschen in dieser Stadt. „Wir haben das
überlieferte Erbe sorgsam zu hüten, aber
auch den Auftrag, die Zukunft zu gestalten".
Zur Eröffnung des Stadtfestes (organisiert vom Amt für Wirtschaft und Tourismus) fuhr Kaiser Maximilian (dargestellt von Kammerschauspieler Helmut
Wlasak) mit Gattin Bianca Maria Sforza
(Andrea Kolb) auf einer von einem
Sechsspänner gezogenen Kutsche vom
Landestheater über den Burggraben, die
Museumstraße zum „Goldenen Dachl",

von wo aus
der Kaiser
seine Ansprache an
das Volk hielt („heut ist wohl ein Freudentag, wie ihn der Kaiser haben mag")
und alle Zwetfler am richtigen Geburtstagstermin tröstete: „und ob"s vier Jahr"
mehr oder weniger san, darauf kommt"s
heut" wirklich nit an".
Sportlich ging"s auch zu beim Stadtfest: nicht nur bei einem fröhlichen Tauziehen der als Ritterknaben getarnten
Club-of Masters-Oldies und beim anschließenden Kaiserbieranstich, sondern
auch, als der Sieger der ÖsterreichRadrundfahrt auf der Tribüne vor dem
Goldenen Dachl geehrt wurde.
Im Rathaushof war für die Kleinen gesorgt, wobei die Feuerwehr mit Bergekorb und Spritze wohl die größte Anziehungskraft ausübte. Die Größeren tummelten sich am Landhausplatz bei Inlineskating und Streethockey.
Während in der Stadt gefeiert wurde
und am Bergisel „Simply-Red" die Fans
begeisterte, leuchteten auf den Bergen
die Herz-Jesu-Feuer.

Bildnachweis: 1: Nacht der Blasmusik. Die „ Wiltener" am Franziskanerplatz. 2: V. I. Bürgermeister Dr. Herwig van Staa, Bundespräsident Dr. Thomas Klestil, Landeshauptmann
Dr. Wendelin Weingartner; 3: Die „ Wiltener" mit den Kulturladies Hilde Zach (rechts) und
Dr. Magdalena Hörmann; 4: LH Dr. Luis Durnwalder, LH Dr. Wendelin Weingartner, Bundespräsident Dr. Thomas Klestil und Dr. Otto Habsburg im Maximilianeum; 5: Dr. Franz
Fischler, Landtagspr. Ing. Helmut Mader, Dr. Weingartner, Dr. Klestil und der Direktor des
Tiroler Landesmuseums, Dr. Gert Amman; 6: Moriskentänzer/innen; 7: Blick in den Riesensaal der Hofburg; 8: Bischof Dr. Reinhold Stecher bei der Festrede; 9: Die Innsbrucker
Capellknaben: „Innsbruck ich muß dich lassen"; 10: Trommler in der Vorhut des Kaisers:
11: Tourismus-Stadtrat Rudi Fedespiel beim Anschlagen des kaiserlichen Bierfasses;
12: Mit einem Sechspänner zieht der Kaiser ein; 13: Kollegen unter sich: Bgm. Dr. van
Staa im Gespräch mit dem Aalborger Bürgermeister Kaj Kjaer (Foto: B. Stingl); 14: Die
Feuerwehr, war eine der Attraktionen beim Stadtfest; 15: Sportreferent Vizebgm. Dr. Norbert Wimmer (rechts) ehrte den Sieger der Österreich-Radrundfahrt Frank Vandenbroucke
(zweiter v. links) (Foto: B. Stingl); 16: Es war ein schönes Fest. Der Präsident verabschiedet sich: links Stadtrat Rudi Federspiel, rechts Bgm. Dr. Herwig van Staa (Foto: W. Weger); 17: Harry Prünster und Ernst Grießer beim ORF-Frühschoppen;
18: Auch Münzen konnten beim Stadtfest geprägt werden; 19: Eine symbolische Begegnung: Kaiser Maximilian und Bürgermeister Dr. Herwig
van Staa. (Fotos, wenn nicht anders angegeben, Franz Eliskases)