Innsbruck Informiert
Jg.2019
/ Nr.6
- S.59
Suchen und Blättern in knapp 900 Ausgaben und 25.000 Seiten.
Gesamter Text dieser Seite:
© NATIO
NAL ARCH
IVES AN
D RECORD
S ADMIN
ISTRATIO
N (NARA)
(2)
Das Spionageteam:
Franz Weber, Hans Wijnberg
und Fred Mayer
terschlupf und richteten ihre Funkstation ein.
Mehr als 60 Meldungen mit brisanten Informationen über nationalsozialistische
Truppen- und Waffentransporte, Rüstungsproduktion und Fliegerabwehrstellungen funkte Hans Wijnberg nach
Bari. Die Daten sammelte Fred Mayer in
Innsbruck, wo er sich zunächst in deutscher Uniform als Wehrmachtsoffizier
ausgab. Später wechselte er in die Rolle eines französischen Fremdarbeiters.
Mit Hilfe der Schwestern von Franz Weber und lokaler Regimegegner in der Kriminal- und Schutzpolizei, von Eisenbahnern und Wehrmachtssoldaten, gelang
es ihm, ein effizientes Netzwerk aus Informanten aufzubauen. Als Codename
für Innsbruck wählten die drei Agenten
„Brooklyn“, den Stadtteil von New York,
wo Mayer und Wijnberg 1938 Zuflucht
gefunden hatten.
Ein Dorf hält dicht
Doch am 18. April 1945 wurde das Spionage- und Widerstandsnetzwerk der
Operation Greenup verraten. Ein Sonderkommando der SS nahm in Innsbruck
und Umgebung Dutzende Regimegegner
fest. In der Gestapostelle in der Herrengasse wurden die Festgenommenen gefoltert, um den Standort des Funkers aus
ihnen herauszupressen. Der Innsbrucker
Radiohändler Robert Moser starb dabei.
Fred Mayer trotzte der Tortur und auch in
Oberperfuss scheiterte die Gestapo: Das
Dorf hielt dicht. Verantwortlich dafür waren die Frauen: „Die Einzigen, denen man
wirklich trauen konnten, waren die Frau-
en, die waren stur wie Eisen“, erklärte
Fred Mayer später die Rettung von Hans
Wijnberg und Franz Weber.
Berühmt wurde die Operation Greenup
in den USA durch die Leistungen, die
das Greenup-Team am 2. und 3. Mai vollbrachten. Vor dem Hintergrund des vorzeitigen Waffenstillstandes in Norditalien
und der Übernahme von Kasernen durch
Widerstandskämpfer in Innsbruck nahmen sie am 3. Mai 1945 Gauleiter Franz
Hofer auf dessen Anwesen, dem Lachhof
in Volders, in Gewahrsam. Anschließend
fuhr Fred Mayer der 103. US-Infanteriedivision entgegen, die bei Zirl gegen Stellungen der Wehrmacht kämpfte.
Obwohl Innsbrucker Widerstandskämpfer in der Nacht von 2. auf 3. Mai den lo-
Zum Thema
kalen Befehlshaber der Wehrmacht, General Hans Böhaimb, festgenommen
hatten, gab es weiterhin kampfbereite Stellungen westlich von Innsbruck.
Aus Sicht der US-Armee herrschte in der
Stadt Chaos. Die Befehlshaber der Infanteriedivision waren überzeugt, dass
Innsbruck noch nicht durch die Widerstandsbewegung kontrolliert wurde.
Eine Klärung der Situation trat erst ein,
als Fred Mayer mit einer weißen Fahne die US-Truppen erreichte. Er leitete die Verbindungsoffiziere der 103.
Infanteriedivision zu Hofer auf den Lachhof, wo sie die sofortige Einstellung der
Verteidigung Innsbrucks erwirkten und
so die Stadt vor noch größeren Schäden
und Verlusten bewahrten.
Michael Svehla:
Als in Innsbruck die Sirenen heulten.
Luftangriffe 1943–1945.
Innsbruck 2018
Universitätsverlag Wagner
Thomas Albrich:
Luftkrieg über der Alpenfestung 1943–1945
Der Gau Tirol-Vorarlberg und die Operationszone
Alpenvorland
Innsbruck 2014
Universitätsverlag Wagner
Peter Pirker:
Codename Brooklyn.
Jüdische Agenten im Feindesland.
Die Operation Greenup. Innsbruck 2019
Tyrolia Verlag
Zeit – Raum – Innsbruck, Band 3:
Innsbruck 1938–1945. Vom Anschluss bis
zum Kriegsende
Innsbruck 2003
Universitätsverlag Wagner
Rolf Steininger/Sabine Pitscheider (Hg.):
Tirol und Vorarlberg in der NS-Zeit
Innsbruck 2002
StudienVerlag